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Widmung

Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.

Ahimsayama

„Nim din selbes war“ - „Der weglose Weg“ des Eckhart

Um 1260 geboren, ist Eckhart schon jung mit den Erfurter Dominikanern in Kontakt gekommen. Er studiert in Paris und Köln und wird Prior des Erfurter Klosters. In Köln wie in Paris predigt er immer wieder vor Dominikanerinnen und Beginen.
In dem oben verlinkten Blog wird ein Brückenschlag versucht, den T. D. Suzuki und E. Fromm ("Haben oder Sein") in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts (neu) gewagt hatten. Und wie sich heute zeigt, zu Recht. Als ich das Buch vor einiger Zeit las, wurde mir bewußt, wie dringlich der "weglose Weg" gerade heute wird. Denn ausgehend von der Arbeit des Individuums an sich selbst werden neue Wege erkennbar und mögliche Lösungen für die Herausforderungen der heutigen Zeit. Gegen die festgelegten Ordnungen von Dogmen und Institutionen setzte Eckhart die lebendige Erfahrung – nur letztere führt zum Entscheidenden: Alle von Menschen festgeschriebenen Unterscheidungen werden überwunden, und es tut sich die intensive Erfahrung der Einheit des Ichs mit allem Sein auf.
 
Die Einheit des Ichs mit allem Sein. 
Rational kann man sich schnell dieser Aussage anschließen - physikalisch besteht wohl kaum noch ein Zweifel, daß es sich hier um eine Wahrheit handelt. Denn alles ist ständige Veränderung und Wandel auf der Basis der kleinsten Teile unserer Welt. Betrachtet man es von dieser Seite, fällt es im Grunde schwer sich als getrennt von allem zu definieren. Die Abhängigkeit und Verbundenheit ist offensichtlich.
Ein Buch, daß ich verschlungen habe. Stellt es doch populärwissenschaftlich dar, daß wir Sternenkinder sind - aus Sternenstaub Erschaffene. Sicher, heute wissen wir es genauer. Quarks und Co. lassen grüßen. Und auch die Quantentheorie trägt ihren Teil dazu bei mehr sehen zu können. Ein Mehr an Verbundenheit. Denn alles ist eine Frage von potentiellen Möglichkeiten, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt manifestieren können.

Aber kann man diese Verbundenheit auch wirklich fühlen? Oder nimmt man sich nicht doch eher als ein getrenntes Einzelwesen wahr. Gerade heute in einer Zeit des schroffen Individualismus? Das Machbarkeitsdenken ist an seine Grenzen gestoßen. Und nicht nur das Machbarkeitsdenken. Das Umdenken jedoch vom rein ökonomischen Handeln hin zum Ganzheitlichen setzt ein Umdenken des Individuums voraus.

Der homo economicus betrachtet sein Wirtschaftssystem aber unter folgendem Aspekt:
Danach habe man die Wirtschaft so zu verstehen, als bestünde sie aus lauter Egos, die unabhängig ihre jeweiligen Interessen verfolgen. Diese Verblendung ist mitverantwortlich für unermessliches Leiden wie Hunger, Armut und Arbeitslosigkeit.

"Den Dingen geht der Geist voran." Buddha
„Wir haben den Höhepunkt der Illusion erreicht“ – diese Diagnose bedeutet auch:
Die Illusion ist eigentlich leichter durchschaubar geworden. Die ökonomische Verblendung zeigt sich unmittelbar auch in der Erfahrung des Alltags. Wenn man sich vor Augen hält, welche massiven Probleme unser Menschsein zukünftig zu bewältigen hat, so sind es doch "nur" die Folgen eben jenen falschen Denkens, das im Menschen so fest verankert scheint.

Die von Buddha als Ego–Verblendung diagnostizierte Grundsituation des Menschen erscheint also heute als ins Monströse vergrößerte globale Wirklichkeit der Wirtschaft, die alle anderen Lebensbereiche und die Politik durchdringt und ihrer irrationalen Geldgier unterordnet. In den Wirtschaftskrisen und in der unaufhaltsam anwachsenden ökologischen Katastrophe offenbart sich jedoch die verborgene Wahrheit dieser Struktur: Bei einem Börsencrash oder Währungszusammenbruch zerplatzt die Illusion; Milliarden lösen sich in Luft auf. Gleichwohl stürzt diese Desillusionierung Millionen Menschen ins soziale Elend. Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen – die objektive Grundlage für das Mitgefühl – wird hinter der Täuschung des Geldbesitzes verborgen. Die Welt erscheint zersplittert in kleine Inseln des Privateigentums, die eifersüchtig und aggressiv verteidigt werden, ohne ihre wechselseitige Bedingtheit zu durchschauen.
So K. H.Brodbeck
Wir lernen nur durch Katastrophen oder durch die Vernunft.
Das Greifen nach dem Angenehmen und das Wegschieben des Unangenehmen basieren auf der Unsicherheit des Ego, das sich selbst getrennt von der Welt wahrnimmt. Diese Wahrnehmung wiederum basiert auf einer grundlegenden Unwissenheit. Solange diese Situation besteht, wird das Greifen nicht aufhören. Mit anderen Worten: das Greifen nach dem Angenehmen, das Wegschieben von Unangenehmem wird niemals von selbst aufhören. Keine dauernde Befriedigung kann jemals erreicht werden solange die Wurzel des Greifens fortbesteht. Das Greifen ist ein endloser Prozess, nur die Objekte wechseln. Wenn aber das Greifen nach Objekten niemals endet, die Objekte selbst aber begrenzt sind, können Sie sich leicht vorstellen, wie die Interessen der Individuen aufeinanderprallen. Im Extremfall kann dadurch der Lebensraum für alle Wesen zerstört werden dabei wollten doch alle möglichst gut leben. Sie haben mit ihren falschen Methoden genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich wollten. Und nicht nur das. Durch diese fortgesetzten Wiederholungen im Denken, Reden und Handeln werden ständig neue Eindrücke von Gier, Haß und Verblendung im Geist angelagert. Aufgrund des Gesetzes von Ursache und Wirkung, Karma genannt, entsteht dadurch sozusagen eine Tendenz, sich immer wieder gleiche Situationen zu schaffen. Somit hört dieses Elend niemals von selbst auf, im Gegenteil, es verstärkt sich immer mehr. Unsere einzige Chance liegt darin, diesen Prozeß zu erkennen und große Anstrengungen zu unternehmen, um ihn zu beenden. Diese Anstrengung kann uns niemand abnehmen, aber auf der anderen Seite ist jeder Mensch in der Lage, selbst einen solchen Weg zu gehen.
Dagyab Kyabgön Rinpoche, 1986 in Wien
 „Der Weg nach innen ist der Weg nach außen“ – beginnen muss dieser „weglose Weg“ jeweils mit der Selbst-Wahrnehmung. Eckhart würde sagen: „nim din selbes war“

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