Widmung
Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.
Ahimsayama
Ahimsayama
Inneren Frieden schaffen durch Loslassen
Der Meister und sein Schüler
Ein Meister war mit seinem Schüler auf Wanderschaft. Da beide Mönche waren, war es ihnen untersagt, in Kontakt mit Frauen zu kommen. Auf der Wanderschaft kamen sie an einen Fluss. Am Ufer stand eine Frau, die den Fluß überqueren wollte. Sie hatte Angst vor der starken Strömung. Der Schüler ging voran und die Frau bat ihn um Hilfe. Doch der Schüler ignorierte die Bitte und durchquerte den Fluss, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Der Meister hingegen nahm die Frau auf den Arm, trug sie über den Fluss, setze sie am anderen Ufer wieder ab und wünschte ihr einen schönen Tag.
Am Abend war der Schüler immer noch wütend und verwirrt; er bat den Meister um eine Stellungnahme. Der Meister schaute ihn an und sagte: „Ich habe getan, was das Leben von mir verlangt hat. Ich nahm die Frau, trug sie über den Fluss, setze sie auf der anderen Uferseite ab und verabschiedete mich. Dann habe ich sie dort gelassen. Du aber – du trägst sie seit Stunden ununterbrochen in Deinem Geist mit dir herum.“
Loslassen und Leiden passen nicht zusammen
Ich persönlich finde die Geschichte sehr treffend. Loslassen heißt vor allem, Dinge annehmen zu können und sich nicht ständig auf das zu konzentrieren, was man nicht mehr haben möchte. Oft weiß ich selbst nicht so genau, warum ich nicht loslassen kann. Ich hafte an alten Mustern, Vorstellungen, Dogmen, Anweisungen und so weiter.
# Prüfen wir doch einfach, ob diese Sicht der Dinge überhaupt noch einen Sinn ergibt, oder ob sie uns nur weiter leiden lässt.
# Konzentriere dich nie auf den Mangel, sondern auf das, was gut ist oder war an der Situation.
Frieden schließen mit der Vergangenheit
Was hat der Schüler des Meisters wohl dann gemacht? Hat er die Situation angenommen und sich um seinen eigenen Frieden bemüht? Oder Kämpft er immer noch mit der Vergangenheit, obwohl er sie nicht ändern kann. Nimmt er die positiven Aspekte an und schließt damit Frieden?
# Das interessanteste am Loslassen ist nämlich, dass es gar nicht möglich ist, Vergangenes loszulassen.
# Nur indem du es annimmst und diesen Frieden schließt, wirst du frei davon, weil die Vergangenheit dann DICH loslassen wird … !
Der Schüler fragte den Meister: "Wie kann ich mich von dem, was mich an die Vergangenheit heftet, lösen?" Da stand der Meister auf, ging zu einem Baumstumpf und umklammerte ihn und jammerte: "Was kann ich tun, damit dieser Baum mich losläßt?"
Aus dem Zen-Buddhismus
Methode der Disidentifikation
Es gibt verschiedene Wege loszulassen. In der Meditation werden, sobald ich still werde, Gedanken auftauchen; meine Ängste, meine Eifersucht, mein Neid. Ich nehme die Gefühle wahr, aber ich distanziere mich sofort von ihnen. Meine Angst darf sein, aber ich gebe ihr keinen Raum. Jetzt gehe ich durch die Angst hindurch in den inneren Raum der Stille, zu dem die Angst keinen Zutritt hat. In der Stille tauchen auch meine Lebensmuster immer wieder auf: mein Perfektionismus, mein Zwang, immer sofort zu helfen, für alles verantwortlich zu sein, meine ständigen Selbstbeschuldigungen. Loslassen heißt: Ich lasse sie zu, ich nehme sie wahr, aber JETZT gebe ich den Mustern keine Macht. So werde ich allmählich davon frei. Die Muster bestimmen mich nicht mehr.
Was die Mönche vor 1600 Jahren entwickelt haben, das beschreibt die heutige Psychologie als Methode der Disidentifikation: Ich nehme meinen Ärger wahr, der in mir aufsteigt. Doch der Punkt in mir, der den Ärger wahrnimmt, ist nicht von Ärger infiziert. Ich sage mir dann, ich habe Ärger, aber ich bin nicht meine Ärger. Ich habe Angst, aber ich bin nicht meine Angst. So ziehe ich mich von den Gefühlen und meinen Lebensmustern jeweils auf mein wahres Selbst zurück. Es ist unberührt von den Leidenschaften, Lebensmustern und Emotionen.
Anselm Grün Wege in die Stille
Labels: Rund um die Meditation und Achtsamkeit
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