Ashin Sopaka: Ja, ich lebe hier im Exil. Ich habe eine Einladung von hier, deswegen bin ich hier her gekommen.
Moderator: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit Ihren Freunden in Birma?
Ashin Sopaka: Heute habe ich dreimal telefoniert.
Moderator: Und mit wem haben Sie gesprochen? Oder ist es besser, keine Namen zu nennen?
Ashin Sopaka: Mit den Organisatoren. Die Mönche haben viel Angst und halten sich versteckt.
saja: Wie ist die Lage momentan vor Ort?
Ashin Sopaka: Im Moment attackiert die Regierung die Klöster. Viele Mönche sind immer noch verhaftet, auch gestern Nacht gab es neue Verhaftungen durch Soldaten.
ManuelvD: Herr Sopaka, müssen sie Angst haben, dass Ihre Freunde wegen des Kontakts zu Ihnen verfolgt werden könnten?
Ashin Sopaka: Ich habe Angst, aber trotzdem: Wir müssen reden! Aber die Mönche wechseln jeden Tag ihren Aufenthaltsort.
Moderator: Also geht der Aufstand weiter?
Ashin Sopaka: Es geht weiter, ja. Aber die Mönche wären sonst nicht in Sicherheit, wenn sie nicht ständig umziehen würden. Bitte helft uns. Sprecht lauter für unsere Sicherheit!
nataku: Wie verläuft denn die Organisation der Protestbewegung? Ist das zentral organisiert, gibt es sozusagen einen "Kopf" der Bewegung? Und welche Rolle spielen dabei Burmesen im Ausland, so wie Sie?
Ashin Sopaka: In Burma haben sich neun Gruppen zusammengeschlossen und organisieren ihre Aktionen gemeinsam. Darunter sind Mönche, aber auch Studenten. Wir machen auch globale Aktionen, wir Mönche im Ausland.
adi: Was passiert mit den festgenommenen Mönchen?
Ashin Sopaka: Viele wurden in Arbeitslager deportiert, mussten ihre Roben ablegen und viele werden geschlagen. Einige sind in Gefangenschaft auch schon gestorben. Umgebracht worden durch Folter.
Moderator: Was bedeutet es, wenn ein buddhistischer Mönch seine Robe ablegen muss?
Ashin Sopaka: Wenn die Mönche die Robe nicht mehr tragen, gelten sie in den Augen des Militärs als Zivilbürger und werden eher gefoltert. Die Mönche wollen ihre Roben natürlich nicht ablegen, weil es für sie nicht nur Ausdruck ihrer Religion ist, sondern auch ein Stück Aufgabe.
Moderator: Sie haben gesagt, es wurde Mönche durch Folter umgebracht. Wie kommen diese Informationen zu Ihnen? Wie vertrauenswürdig sind die Personen, die Sie informieren?
Ashin Sopaka: Ich habe direkten Kontakt zu den Mönchen. Wir telefonieren. Also sind die Informationen absolut vertrauenswürdig und glaubhaft. BBC und CNN berichten aber auch regelmäßig und sind natürlich auch eine vertrauenswürdige Quelle.
ManuelvD: Werden die Mönche auch in der Konfrontation in jedem Fall der Gewalt abschwören?
Ashin Sopaka: Die Mönche sind einfach weggelaufen, sie haben sich nicht gewehrt. Aber in der Nacht versuchen sie natürlich, ihr Kloster zu schützen. Dazu klingeln sie laut mit Glocken um die Bevölkerung herbei zu rufen. Wir werden unter keinen Umständen gewaltsam reagieren.
octavia: Warum weigern sich nicht mehr Soldaten dem Gehorsam? Sie kommen doch auch aus dem Volk. Gibt es für Armeeangehörige Privilegien?
Ashin Sopaka: Die Soldaten, die jetzt agieren, sind keine normalen Soldaten. Die meisten sind ehemalige Gefangene (wir sehen das an ihren Schuhen). Und es wurden den Soldaten wohl auch Drogen gegeben.
gyal: Sind die Soldaten auch Buddhisten? Und wenn ja, wie können sie das mit Ihrem Glauben vereinbaren?
Ashin Sopaka: Sie sagen selbst, sie wären Buddhisten. Aber sie befolgen die Grundsätze dieses Glaubens nicht.
saja: Wie ist der Rückhalt in der Bevölkerungen? Können die Mönche die Menschen noch erreichen und für den Widerstand mobilisieren?
Ashin Sopaka: Ja, jederzeit. Was ich heute gehört habe ist, dass die Mönche trotzdem weitermachen. Sie haben Medien, erreichen das Ausland, aber auch die burmesische Bevölkerung, die uns immer noch sehr unterstützt.
Moderator: Nachfragen:
Jojo: Was bedeutet „Die Soldaten sind ehemalige Gefangene“? Gefangene von wem, und warum?
goethe: Wieso sieht man das an den Schuhen der Soldaten?
Ashin Sopaka: Sie waren einfache Kriminelle. Mein Freund, den ich heute gesprochen habe, hat auch gesagt, dass tausende ehemalige Gefangene vor dem Kloster warten. Und ich sehe an den Schuhen (auf Fotos und Videos), dass es keine regulären Soldaten sind, weil in Burma die Soldaten eigentlich Uniformschuhe tragen. Auf http://www.mizzima.com gibt es z.B. solche Bilder. ;-)
Moderator: Birmas Regime-Chef Than Shwe hat gerade im staatlichen Fernsehen angekündigt, dass er einen Dialog mit der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi beginnen will. Es gebe aber Bedingungen: Aung San Suu Kyi müsse dafür ihren Konfrontationskurs aufgeben. Das meldet die Agentur dpa vor zwei Minuten. Wie bewerten Sie das?
Ashin Sopaka: Das ist gut! Dialog ist ein sehr gutes Zeichen, in jedem Fall. Aung San Suu Kyi ist stark, sie vertritt unsere Position auch weiterhin glaube ich.
Moderator: Auch die Agentur AP bestätigt, dass es zu einem Treffen kommen soll. Staatliche Medien in Birma haben das bestätigt. Befürchten Sie nicht, dass das nur ein vorgeschobenes Angebot sein könnte?
Ashin Sopaka: Dann sage ich „Herzlich willkommen zum Dialog“. Aber er muss von Herzen und echt sein, nicht nur vorgeschoben. Nicht nur wir Burmesen, sondern die ganze Welt muss aufpassen, nicht betrogen zu werden.
goethe: Was bedeutet „glaube ich“ in Bezug auf die Position von Aung San Suu Kyi? Sie steht unter sehr starkem Druck. Kann es sein, dass sie der Oppositionspolitik den Rücken kehrt? Befindet sie sich in direkter Lebensgefahr?
Ashin Sopaka: „Glaube ich“ heißt, ich bin mir sicher. Sie ist ein Symbol und als solches nahezu unantastbar. Und sie macht das Beste für die Bevölkerung.
sdfsdf: Darf sich Aung San Suu Kyi denn Bedingungen aufzwingen lassen?
Ashin Sopaka: Das kann ich nicht sagen. Ein Dialog ist zunächst einmal gut, wir müssen diese Chance nutzen. Und man muss sicherlich auch kompromissbereit sein. Aber ich bin mir sicher, dass sie hart für uns kämpfen wird. Die Regierung weiß auch um die Rolle von Suu Kyi und dass sie damit eine starke Position hat. Mein Vorschlag ist: Beide Seiten sollen das Miteinander suchen, das Wohl der Bevölkerung.
Kero: Welche direkten Ziele verfolgt der Aufstand? Was sind für Sie realisierbare Visionen für Birma im Zuge des Aufstandes?
Ashin Sopaka: Wir wollen ein friedliches Land schaffen, die Bevölkerung soll genügend Essen haben. Und es soll nicht mehr gekämpft werden.
Moderator: Nachfrage von:
saja: Glauben Sie an die Dialogfähigkeit eines Militärregimes? Das widerspricht sich doch?
Ashin Sopaka: Ja, ich glaube das Regime versteht, was sie gemacht haben. Dass ihnen kein anderer Ausweg mehr bleibt, als einen Dialog anzufangen.
nette: Wie weit wird China Dialoge zulassen?
Ashin Sopaka: China ist im Moment wegen den Olympischen Spielen ein wenig anders. Sie lehnen die Gewalt in Burma auch ab. Die Stimmung in China hat sich geändert, ist nicht mehr wie früher.
Moderator: Zwei ähnliche Fragen:
dr. robert: In wie weit beurteilen Sie die Chancen für Burma, im Falle eines erfolgreichen Umsturzes in eine Demokratie zu gehen? Wenn ich mir die Geschichte des Landes anschaue, sehe ich vor dem Regime einen Bürgerkrieg. Wie sehr wird das Volk an solch einem Prozess beteiligt sein?
simpson1984: Welche neuen Konfliktlinien könnten aufbrechen, wenn die Junta erst einmal weg ist? Kann der Buddhismus die Ethnien friedlich zusammenhalten? Danke.
Ashin Sopaka: Wenn das Land frei wäre, könnten wir friedlich miteinander diskutieren und ein friedliches Land schaffen. Ich denke nicht, dass es Bürgerkrieg geben würde. Der gegenwärtige Bürgerkrieg entsteht aus einem Missverständnis: Die Bevölkerung will das Regime nicht akzeptieren, weil es nicht offiziell gewählt ist. Es gibt überall im Land gewählte Parteien. Mit diesen könnte die Bevölkerung einen guten Weg einschlagen. Ich glaube, eine Demokratie wäre möglich.
SimonG: Würde die Bevölkerung denn nach jahrelanger Unterdrückung damit leben können, dass die Herrscher von heute auch morgen noch die Regierung mitgestalten?
Ashin Sopaka: Niemand würde die heutigen Herrscher wählen! Schon 1990 haben diese Herren eine derbe Niederlage gegen Suu Kyi's Partei eingesteckt. Wir betrachten die Mitglieder des Regimes als Verbrecher. Ich bin überzeugt, diese Herren hätten keine Chance.
Beatdesigner: Aber wie will man es schaffen, das Militärregime zu stürzen? Das ist doch fast unmöglich.
Ashin Sopaka: Meine Vision ist, dass das Regime für kurze Zeit mit uns zusammen arbeitet und dann zurück tritt. Der Regierungschef ist schon 74, also sehr alt.
Moderator: Wir haben vor dem Chat schon viele Fragen gesammelt. Am meisten interessiert hat die User das:
anonym: Was können Menschen hier tun, um die Proteste zu unterstützen?
Ashin Sopaka: Es gibt Möglichkeiten hier, die Solidarität zu zeigen: Am 6. Oktober sollt ihr rote Farben tragen. Und aufmerksam die Medien verfolgen, um weltweite Aktionen zu ermöglichen. Schaut auf http://www.frieden-lauf.de. Auf http://www.dvb.no gibt es aktuelle Informationen (auch auf Englisch). http://www.mizzima.com hatte ich bereits erwähnt.
Otmar: Ist mizzima news eine vertrauenswürdige Quelle? Sollte man sie unterstützen?
Ashin Sopaka: Oh ja, auf jeden Fall ist dies eine vertrauenswürdige Quelle. Die Redaktion telefoniert jede Stunde mit Burma. Weitere Möglichkeiten der Unterstützung schreibe ich regelmäßig auf frieden-lauf.de.
Moderator: Die am zweithöchsten bewertete Frage aus unserem „Warteraum“ vor dem Chat war diese:
satumata: Wie würde sich die Lage in ihrem Land gestalten, wenn die Junta jetzt tatsächlich von einem Tag auf den anderen abdanken würde? Welche politischen und sozialen Kräfte wären in der Lage die Zukunft des Landes zu gestalten?
Ashin Sopaka: Ganz klar die institutionellen Parteien. Sie wurden schon vor Jahren mit 82 Prozent von der Bevölkerung gewählt. Sie wären in der Lage, eine Regierung zu bilden. Wir haben 1990 gewählt, aber die jetzige Regierung hat das Resultat einfach ignoriert.
Moderator: Auch das hat unsere User bereits vor dem Chat interessiert. Und Zusatzfrage von mir: Kann man im Moment überhaupt so einfach einreisen?
torso: Wäre es sinnvoll, momentan nach Birma zu Reisen um als Europäer an den Protesten teilzunehmen?! Am besten in großen Gruppen, so das die Vereinten Nationen noch aufmerksamer werden. Mit der Hoffnung, dass die Regierung vor Gewalt gerade gegen Ausländer und so ja auch gegen das eigene Volk ablässt!
Ashin Sopaka: Ich selbst kann nicht einreisen. Aber Europäer können als Touristen einreisen, aber Urlaub machen sollte man da jetzt natürlich nicht. Aber es wäre wunderbar, wenn viele Friedensaktivisten einreisen und an den Protesten teilnehmen. Das würde uns nicht nur mehr Zugang zu Informationen verschaffen sondern natürlich auch die weltweite Aufmerksamkeit stärken. Den Antrag fürs Visum als "Kellner" stellen. ;-) So umgeht man die militärische Kontrolle, wie mir Freunde berichten.
nataku: Heute findet auch eine internationale Aktion von Webloggern statt, die Banner, Grafiken und Postings unter dem Motto Free Burma auf ihre Seiten stellen. Was halten Sie von solchen Aktionen? Können die helfen?
Ashin Sopaka: Ja, solche Aktionen helfen sehr. So entwickelt sich eine globale Bewegung. Und wir können zeigen, dass die Medien - auch das Internet - eine große Kraft sind.
Moderator: Diese Frage muss man angesichts des ermordeten japanischen Fotografen stellen:
not.bad: Wie groß ist denn die Gefahr, wenn man als Ausländer an Protesten teilnimmt?
Ashin Sopaka: Im Moment gibt es wenig offenen Protest in Burma. Mein Vorschlag ist, einfach dahin zu reisen und vor Ort nachzufragen, wie man am besten unterstützen kann. Ich würde nicht zu offenem Protest raten, aber ich wünsche mir natürlich Unterstützung der Bevölkerung und der Mönche.
Moderator: Ganz viele Fragen zu diesem Thema: Stellvertretend noch eine dazu:
Oxford: Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Reisen von westlichen Touristen nach Burma? Sind sie hilfreich oder unterstützen sie damit nur das Militärregime?
Ashin Sopaka: Ich wünsche mir, dass die Menschen nicht als Touristen nach Burma reisen, um das Land zu sehen oder Urlaub zu machen. Also bitte keine „Busreisen“. Wer hinreist, sollte einzeln reisen und den Kontakt mit der Bevölkerung suchen.
Moderator: Wünsche von:
nette: Ich wünsche euch viel Erfolg, ohne Gewalt und mit mehr Unterstützung. Es ist toll, dass die Mönche und die Bevölkerung so tapfer und hartnäckig ist, von Herzen...!
Autolycus: Wir wünschen Ihrem Land und Volk das Glück, welches wir 1989 haben durften!
Moderator: Unsere 60 Minuten tagesschau-Chat sind vorbei. Vielen Dank Herr Sopaka, dass Sie Zeit für den Chat hatten! Vielen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Chats für Ihr Interesse und Ihre Fragen. Das Chat-Protokoll finden Sie in Kürze auf den Seiten von tagesschau.de und politik-digital.de zum Nachlesen. Noch ein Hinweis: Am kommenden Mittwoch, 10. Oktober kommt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, zum Chat ins ARD-Hauptstadtstudio. Online-Durchsuchung, Terror-Bekämpfung, das Verhältnis Polizei und Bürger – für solche Themen ist Freiberg der richtige Mann. Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und würden uns freuen, wenn Sie wieder dabei sind. Das tagesschau-Chat-Team wünscht noch einen schönen Abend!
Ashin Sopaka: Vielen Dank an alle Teilnehmer und die Veranstalter. Ich danke ganz Deutschland für die positiven Reaktionen auf unsere Aktionen. Bitte helft uns weiter!
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