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Widmung

Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.

Ahimsayama

Frieden und Buddhismus?

Frieden und Buddhismus?
Vortrag von M. Wichmann
Friedensinitiative Köln - Mülheim, im März 2007

(Unbekannt) Es war bei einem Spaziergang in Delhi: Autos schoben sich hupend durch die Straßen. Radfahrer bahnten sich mühsam ihren Weg. Fußgänger schlängelten sich durch den Verkehr. Mittendrin liefen ein Deutscher und ein indischer Buddhist – ein Lehrer. Mitten im größten Getümmel sagte der Inder plötzlich, ganz leise, so dass man es kaum verstand: "Die Menschheit liegt in tiefem Schlaf." Als ihn sein westlicher Begleiter erstaunt und fragend anblickte, wiederholte er: "In tiefem Schlaf" und lächelte. "Schlafwandler vielleicht?", fragte der Deutsche zurück. "Schlafverfallene eher," antwortete sein Freund: "Sie sind noch nicht erwacht."
Die Welt, in der wir leben, wird immer mehr zu einem Schauplatz vielfältiger Gewalt. Auch wenn wir angesichts der Bilder von Völkermord, den es an vielen Orten der Welt heute gibt, erschauern, so sind wir doch dabei, uns daran zu gewöhnen. Unsere Kinder wachsen mit Bildern von Gewalt, Mord und Totschlag auf. Wir lassen sie alleine und sind nicht in der Lage ein Gegengewicht zu schaffen, um diese "Selbstprogrammierung" auszugleichen. Was soll man in Zukunft erwarten von dieser Generation, die Gewalt verherrlicht und sie als Maßstab und Grundlage für ihr weiteres Leben nimmt, aus Unwissenheit über die eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Zusammenhänge. Und wir halten so etwas, wenn nicht gerade für nötig, so doch zumindest für unvermeidlich aufgrund der Komplexität der menschlichen Beziehungen.
Entwicklungsgeschichtlich war es unabdingbar für den Menschen sich seiner Umwelt anzupassen. Der Menschheit fehlten die Werkzeuge ihre Lebensbedingungen durchgreifend zu beeinflussen . Sie mußten die Welt weitestgehend so nehmen, wie sie sie vorfanden. Beschäftigt mit den wechselhaften Bedingungen der Natur, dem Nahrungserwerb und den gesellschaftlichen Zwängen, fehlten dem einzelnen die Möglichkeiten. Doch das hat sich grundlegend geändert.
Gute Bildung, ein freiheitliches Denken, Demokratie und der Zugang zu Informationen, gepaart mit dem Verlust der Angst die Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung und Wohnraum nicht decken zu können, sollten uns den KOPF freimachen für Veränderungen.
Atomwaffen, Genmanipulationen, Klimawandel usw. Das alles sind "hausgemachte" Problemstellungen, die ein neues Denken auf der Grundlage einer übergeordneten Philosophie, Religion oder Ethik bedürfen. Man kann es nennen wie man mag, wir werden uns dem nicht entziehen können. Wir haben vom Baum der Erkenntnis gegessen und müssen nun die Verantwortung, die damit verbunden ist, voll und ganz übernehmen. Machbarkeitsdenken, Gewinnstreben, endloses, stetiges Wachstum, Energiehunger und Konsumterror in Verbindung mit den Medien als Opium für das Volk, diese Faktoren werden uns in den Abgrund führen. Das steht für mich fest. Verzicht auf der Grundlage eines übergeordneten Denkens und bewußtes, verantwortungsvolles Handeln, das sind die neuen Zeichen der Zeit.
Darum möchte ich euch an dieser Stelle kurz die Sichtweise des Buddhismus auf diese Welt vorstellen. Meine Unzulänglichkeiten bitte ich zu entschuldigen.
Schlagen wir das Buch der Geschichte auf (Überlieferung):
//Vor zweieinhalb Jahrtausenden gelang es einem jungen Mann aus dem "Schlaf" zu erwachen. Auch er hatte sehr lange geträumt: genau 35 Jahre. Seine Erkenntnisse über das Da-Sein und über den Zusammenhang aller Existenzen begründeten die Lehre des Buddhismus – eine Lehre, der heute weltweit rund fünfhundert Millionen Menschen folgen.
Der Weg des "Erleuchteten", so die Übersetzung des Wortes Buddha, begann in einem Palast an der indisch-nepalesischen Grenze. Siddharta Gautama wurde wahrscheinlich im Mai 563 v. u. Z. als Sohn eines nordindischen Wahlfürsten geboren. Er verlebte eine sorglose Kindheit und Jugend hinter den Palastmauern, übte sich im Reiten und Bogenschießen und war ein gelehriger Schüler. Mit 16 Jahren heiratete er seine Cousine Yasodhara, die ihm einen Sohn gebar. So ebnete ihm sein Vater den Weg als möglicher Nachfolger.
Doch dem intelligenten, jungen Mann entgingen, trotz aller Abschottung, die Vorgänge hinter den Palastmauern nicht. Es war eine Zeit des politischen und religiösen Umbruchs in Nordindien. Das strenge Kastensystem, welches der Einwandererstamm der Aryas etabliert hatte, ließ die Masse verarmen. Die Gewinnsucht der Großen und Mächtigen, der Brahmanen und Grundbesitzer, ruinierte die Bevölkerung. Arme und Kranke prägten immer mehr das Bild.
Eines Nachts, um von seiner Familie nicht umgestimmt zu werden, verließ er sein Heim. Vor der Stadt entledigte er sich der teuren Kleider und seiner Standesinsignien, schnitt sich die Haare ab und ging auch in die Hauslosigkeit. Völlig besitzlos, war er nun dazu gezwungen, um Nahrung und um einen Schlafplatz zu betteln.
Doch er ließ nicht nur seine bisherige Lebensweise hinter sich; Siddharta Gautama hatte auch ein klares Ziel vor Augen: Er wollte die Ursachen des menschlichen Leidens finden und die Grundlage für nicht vergängliches, dauerhaftes Glück suchen.
Auf seiner Suche schloss er sich zuerst dem Meditationslehrer Alaro Kalamo an. Siddharta begriff die Lehre des Meisters schnell. Dieser wollte ihn an der Schule halten, um das Geschäft anzukurbeln. Doch das war nicht Siddhartas Weg: "Ich fand diese Lehre ungenügend und unbefriedigt von ihr zog ich fort," äußerte er später gegenüber seinen Anhängern. Auch in der Lehre des Uddaka fand der Suchende keine Antworten auf seine Fragen, weil ihr, seiner Meinung nach, die letzte Einsicht in die Lebenszusammenhänge fehlte.
Enttäuscht wählte er einen ganz anderen Weg: Siddharta schloss sich einer kleinen Gruppe von Asketen an und begann ein Leben in Einsamkeit und Selbstverleugnung. Er hoffte dadurch Erkenntnis zu finden; doch die wollte sich trotz Kasteiung auch nach fünf Jahren nicht einstellen. Das einzige Ergebnis war Siddhartas vollkommene Verwahrlosung: Er nahm nur aller vierzehn Tage Nahrung zu sich, egal ob es Reisstaub, Wurzeln oder Kuhmist war. Der Schmutz fiel ihm in großen Brocken vom Körper. Wenn er seinen Bauch berührte, erfasste er sein Rückgrat.
Bevor es zum Äußersten kam, gestand sich Siddharta ein, den falschen Weg gegangen zu sein. Er erkannte, dass beide Extreme unsinnig sind – ein verwöhntes Leben voller Luxus und sinnlicher Genüsse, ebenso wie die Kasteiung. Um ein Ziel zu erreichen, braucht man einen klaren Kopf und einen gesunden Körper, besonders, wenn es sich um das Streben nach Erkenntnis handelt. Sinnvoll ist also der mittlere Weg, und den erkannte Siddharta in der Versenkung – der Meditation.
Am Ufer des Neranjara-Flusses bei Bodh-Gaya wählte er einen großen Baum, den Bô-Baum, unter dem er sich in Meditations- Haltung niederließ. Er beschloss, nicht aufzustehen bis er sein Ziel erreicht haben würde.
In der Legende vom Buddhas ist jetzt der Moment gekommen, in dem das Böse – Mara genannt – in Erscheinung tritt, um den Suchenden von seinem Weg abzubringen. Mara, der Gott der Unterwelt, schickt Teufel und Kobolde aus den Tiefen, um Siddharta zu ängstigen. Doch alle Teufel und Kobolde verwandeln sich in duftende Lotosblüten.
Da entsinnt sich Mara seiner schärfsten Waffen: seiner Töchter Begierde, Unzufriedenheit und Leidenschaft. Diese tanzen verführerisch vor dem Meditierenden, doch ohne Erfolg. Mara sieht seine Machtlosigkeit ein und zieht sich zurück. Siddharta deutet daraufhin mit der Hand zur Erde. Mit der Geste bezeugt er, dass er jetzt das Recht hat, der Erleuchtete zu werden. Sieben Tage waren vergangen.
In einer frühen buddhistischen Schrift - Das Leben des Buddha - wird jener Augenblick folgendermaßen beschrieben: "Als der Morgenstern am östlichen Himmel erschien, war der Kampf vorüber und der Geist des Prinzen so klar wie der Tagesanbruch. Es war am 8. Dezember, als der Prinz fünfunddreißig Jahre alt war und der Buddha wurde." So weit die historische Geschichte des Siddharta Gautama Buddha.//
Was sind nun die Grundzüge dieser Religion?
Am Anfang stehen Vier Edlen Wahrheiten die Buddha in der Versenkung schaute (WIKI)

Die vier Edlen Wahrheiten lauten:
Dukkha - Das Leben im Daseinskreislauf ist leidvoll.
Geburt ist Leiden, Altern ist Leiden, Tod ist Leiden; Kummer, Lamentieren, Schmerz und Verzweiflung sind Leiden. Gesellschaft mit dem Ungeliebten ist Leiden, das Gewünschte nicht zu bekommen ist Leiden. Kurz, die fünf Aneignungen (skt. skandha, p.khandhah) sind Leiden.
Samudaya - Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung.
Das Verlangen/Durst ,das zur Wiedergeburt führt - begleitet von Leidenschaft bzw. Wonne, genossen eben hier und eben da - nämlich das Verlangen nach Sinneslust, das Verlangen nach Werden, das Verlangen nach Nicht-Werden.
Nirodha - Erlöschen die Ursachen, erlischt das Leiden.
Das restlose Vergehen bzw. Enden, Abkehren, Abtreten, Aufgeben und Loslassen genau dieses Verlangens (tanha)
Magga - Zum Erlöschen des Leidens führt der „Edle Achtfache Pfad“.
Gerade dieser achtfache Pfad: Rechte Sicht, rechte Entschlossenheit, rechtes Reden, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt/-erwerb, rechtes Bemühen, rechte Aufmerksamkeit/Achtsamkeit, rechte Konzentration.
Der genaue Wortlaut der Wahrheiten kann je nach Autor bzw. Übersetzter leicht variieren. Die hier verwendete Formulierung entspricht dem Konsens des buddhistischen Bekenntnisses, die Kommentierung richtet sich nach dem Pali-Kanon.
Als Leidensgrund wird manchmal auch das Nichtwissen (skt. avidyâ, p. avijjâ) angeführt, das auch Teil der zwölfgliedrigen Kette des bedingte Entstehens ist.
S.H. der Dalai Lama sagt: //Da Leiden verursacht werden, muß man schauen woher sie kommen. Ein Beispiel: Wenn ich ärgerlich bin, kann dies eine starke Kraft sein für eine rohe Geisteshaltung. Diese Geisteshaltung führt zu negativen Taten. Es entsteht im Umgang mit anderen Menschen eine gespannte Atmosphäre. Es mag sein, daß ich durch diese Geisteshaltung einen Sieg über andere erringen kann. Doch später wird es mir leid tun. Auch verlieren die Menschen in meiner Umgebung Vertrauen, Ruhe und Frieden. Das ist das Gesetz des Karma; der Zusammenhang von Motivation (Absicht), Handlung und Resultat. Unheilsame Karmas werden durch die Kraft von Begierde und Haß angesammelt. Die Wurzel von Begierde und Haß ist Unwissenheit.//
WIKI: //In den indischen Religionen ist die Lehre des Karma eng mit dem Glauben an Samsara, den Kreislauf der Wiedergeburten, verbunden und damit an die Gültigkeit des Ursache-Wirkungsprinzips auf geistiger Ebene auch über mehrere Lebensspannen hinweg. Im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus bezeichnet der Begriff die Folge jeder Tat, die Wirkungen von Handlungen und Gedanken in jeder Hinsicht, insbesondere die Rückwirkungen auf den Akteur selbst. Karma entsteht demnach durch eine Gesetzmäßigkeit und nicht infolge einer Beurteilung durch einen Weltenrichter oder Gott, es geht darum nicht um "Göttliche Gnade" oder "Strafe". Nicht nur "schlechtes" Karma erzeugt den Kreislauf der Wiedergeburten, sondern gleichermaßen das "Gute". Letztes Ziel ist es darum, überhaupt kein Karma mehr zu erzeugen.//
Diese Zusammenhänge erschließen sich aber nur, wenn man sie in sein tägliches Leben übernimmt. Der Buddhismus ist also vor allen Dingen eine Geistesschulung. Ein Beispiel:
S.H. der Dalai Lama sagt: //Wir müssen ständig vor Zorn und anderen negativen Gedanken auf der Hut sein, die nur darauf warten, unseren Geist zu besetzen.
Die sind die einzigen Feinde, die den altruistischen Erleuchtungsgeist wirklich schwächen können. Da wir sie in und tragen, haben wir auch keinerlei Möglichkeit, vor ihnen zu flüchten. Das macht sie sehr viel gefährlicher als äußere Feinde. Sie lassen uns kaum Zeit, ihnen zu entkommen. Durch Achtsamkeit kann man diese Geistesgifte bekämpfen, auch wenn durch geistige Achtsamkeit die negativen Gedanken zeitweilig in den Vordergrund rücken. Doch unser Unterscheidungsvermögen und die richtige Anschauung verringern sie dann doch dauerhaft.//
Durch Meditation, Lehrreden und Achtsamkeitsübungen kommt es zur Verinnerlichung. Wenn man diesen Gedanken folgt, so ist es mehr als einleuchtend, daß der ständige Umgang und Konsum von Gewalt folgen haben wird.
S.H. der Dalai Lama sagt: //Ausgehend davon, daß alle Wesen für sich Glück wünschen und von Leiden frei sein wollen und die Position des jeweiligen Betrachters somit austauschbar ist, entwickelt sich die Geduld auf der Grundlage der Weisheit, daß Feinde einen großen Wert besitzen. Das Wohl der Mehrheit ist weitaus wichtiger als mein eigens Wohl, das einer einzigen Person. Sichtweisen...
Jeder Kranke fühlt sich krank, wen sollte man besser behandeln?
Jedes Wesen hat mich im Verlauf der endlosen Wiedergeburten gut behandelt, wen sollte ich besser behandeln?
Gefangene, die ihrer Hinrichtung entgegen sehen, sehen keinen Sinn darin, in den ihnen verbleibenden Tagen, zu streiten
Was ist also der Nutzen von Ärger und Haß in Anbetracht dieser Lage?
Doch alle diese Überlegungen verschwinden, wenn man wütend ist!
Wut ist daher der eigentliche Zerstörer unserer Qualitäten!
Kein Feind kann diese Qualitäten mit seiner Waffe zerstören, aber die Wut kann es;
Wut ist unser wirklicher Feind!
Man stelle sich auf der einen Seite eine Gruppe von Menschen vor, auf der anderen Seite das stolze , egoistische SELBST. Man selber befindet sich in der Mitte als neutraler Beobachter. Was ist wichtiger? Der Einzelne oder die Gruppe?
Liebe und Mitgefühl sind außerordentlich wichtig und notwendig; sie sind der Mühe wert.
Eine der wichtigsten Übungen ist die der Geduld und Toleranz. Diese Eigenschaften kann man nur durch einen Feind lernen. Man sagt, ein Feind sei eigentlich ein guter geistiger Lehrer, denn in Abhängigkeit von einem Feind kann man Geduld entwickeln, und in Abhängigkeit von der Geduld große Verdienste ansammeln. Es ist so als wäre ein Feind absichtlich zornig geworden, um einem beim Ansammeln von Verdiensten zu helfen. Für die Übung der Geduld sind Feinde nötig, sie sind keine Übeltäter.
Wenn man auf den Schädiger wütend wird, sollte man Wut entweder auf die Waffe oder aber auf die ihn motivierenden Leidenschaften in seinem Geist lenken, nicht aber auf die Person selbst. Wir werden ja auch nicht wütend auf das Feuer wenn es uns die die Haut verbrennt, weil wir wissen, daß das Brennen das eigentliche Wesen des Feuers ist. Wut ist wie die Wolke, die die Sonne verdeckt. Sie vergeht wenn man den Fokus auf die Ursachen, die Leidenschaften lenkt.//
//Man hätte also die Vorstellung, die Dinge würden aus sich selber heraus so sein wie sie scheinen. Da wir aber in einem dualistischen System leben ist dies absurd. Jedes Bewußtsein unterliegt der falschen Erscheinungsweise des Objektes, weil es dem Anschein unterliegt, als würde es wahrhaftig so existieren, wie es den Anschein hat. Man beginnt also zum Beispiel Mitgefühl zu entwickeln, obwohl dies mit der falschen Vorstellung von inhärenter Exsitenz verbunden ist. Würde man sich aber entschließen, aus Sorge darüber mit der Entwicklung von Mitgefühl nicht fortzusetzen, so beginge man einen Fehler, denn zur Zeit hätte man keine Wahl. Man überwindet die falsche Vorstellung von inhärenter Existenz der Phänomene nicht dadurch, daß man sein Bewußtsein einfach von allen Dingen abzieht und möglichst inaktiv bleibt. Die Lösung liegt in der Selbstlosigkeit, die das Gegenteil von inhärenter Existenz ist. Die Macht der Selbstlosigkeit besiegt die falsche Vorstellung. Das Anhängen an materiellen Dingen sollte man aufgeben. Es wird aber nicht gelehrt, daß man hinsichtlich der Übungen auf dem Pfad genügsam sein sollte. Es geht hier um unterschiedliche Gesichtspunkte und Wertigkeiten. Die Unterscheidung muß von dieser Sicht aus getroffen werden.//
Ich hoffe, daß ich mit diesem kurzen Abriss einigermaßen belegen konnte, daß der Buddhismus wirklich und ernsthaft am Frieden interessiert ist. Durch Verantwortung, Übung und Ansicht erschließt sich dem Suchenden in dieser Religion zwangsläufig der Weg zum eigenen Frieden und dem der anderen Wesen.
Doch was sagen die anderen?
Franz-Johannes Litsch trug vor:
//Wohl mit Recht kann gesagt werden, dass von allen Geistestraditionen, Weltanschauungen und Religionen der Menschheit der Buddhismus - eine geistige und kulturelle Strömung, die vor 2500 Jahren von dem indischen Weisen Siddharta Gautama Buddha - ausging die älteste gewaltfreie Bewegung ist und diejenige, die dem Anliegen der Gewaltlosigkeit in ihrer Geschichte auch am meisten gerecht wurde. In Buddhas Lehrreden (immerhin einige Tausend Texte) wurde bisher keine einzige Rechtfertigung für Gewaltausübung gefunden. Begriffe wie "Heiliger Krieg" oder "Kreuzzug", ja selbst "Kampf gegen das Böse" sind dem Buddhismus unbekannt.
In der langen Geschichte des Buddhismus gab es auch keinen Fall eines buddhistisch begründeten Angriffskriegs. Kein Beispiel, wo mit dem Ziel der Ausweitung des buddhistischen Einflussbereiches, der Mission oder der Bekehrung ein Krieg geführt wurde. Aus dem 20.sten Jahrhundert gibt es allerdings Beispiele, wo kriegerische Handlungen als Akte der Verteidigung der buddhistischen Kultur oder der Kultur Asiens gerechtfertigt wurden (der Krieg Japans gegen die USA im 2.Weltkrieg; der Krieg der Regierung Sri Lankas gegen den tamilischen Terrorismus).
So kann und soll nicht behauptet werden, dass alle Buddhisten immer nur friedlich und freundlich seien, dass es in buddhistischen Ländern keine Gewalt gäbe und dass buddhistische Völker oder Länder keinerlei Kriege geführt hätten. Zeugnisse von Gewalt gab es auch dort leider etliche. Buddhistische Schulen oder Klöster haben sich gelegentlich gegenseitig bekämpft (in Tibet und Japan) und einige Male führten buddhistische Länder Kriege gegen andere buddhistische Länder, zerstörten gar die Tempel der anderen oder entführten wertvolle Buddhafiguren (insb. Thailand und Burma). Dennoch - diese Kämpfe und Kriege gingen nie von inhaltlichen (Lehr-) Streitigkeiten oder Wahrheitsansprüchen aus und nur selten von den religiösen Institutionen oder Führern. Ihre treibenden Kräfte waren stattdessen ethnische Konflikte (Völkerwanderungen in Südostasien oder der 2000-jährige Konflikt zwischen den Tamilen Südindiens und den Singhalesen Sri Lankas), Sippen- und Clankriege (insb. im japanischen Mittelalter), soziale Aufstände (Bauernkriege in China) sowie die weltlichen Machtansprüche oder auch nur puren Emotionen (Wut, Rache, Eifersucht) verschiedener Herrscher oder Mönchsgemeinschaften. [...]
[...] Dass es in buddhistisch beeinflussten Ländern dennoch Gewalt, Kämpfe und Kriege gab und gibt, ist aus buddhistischer Sicht selbst nicht verwunderlich, denn das bloße Bekenntnis zum Buddhismus oder bloße Geborensein in einem buddhistischen Land macht keinen Menschen schon automatisch zum besseren Menschen oder zu einem Menschen, der das leben würde, worum es dem Buddha ging, nämlich Buddhaschaft. Buddhistsein hatte für den Buddha keinerlei Bedeutung. Für ihn zählte nur die gelebte Praxis. Es ging ihm nicht um Glaube, Bekenntnis und Zugehörigkeit sondern um Verwirklichung der Buddhaschaft und die bedarf wahrhaft großer Anstrengung und Ausdauer, wird darum nur von wenigen Menschen ernsthaft angestrebt und nur von sehr, sehr wenigen auch verwirklicht. [...]
Der historische Buddha formulierte als Basis für alle, die seinem Weg folgen wollen (also Mönche, Nonnen und Laien) 5 ethische Grundprinzipien. Sie bilden den Anfang, das bleibende Fundament und das Ziel der Praxis. Mit der "Zuflucht" zu Buddha (unserem inneren Potential), zum Dharma (der Wirklichkeit und Lehre) und zum Sangha (der Gemeinschaft der Übenden), verbunden mit der Annahme der ethischen Übungen, beginnt der Praktizierende den Weg oder wird man gleichsam zum Buddhist. Die ethischen Richtlinien (Silas) lauten in der Form, in der sie angenommen und erinnert werden:
Kein Lebewesen zu töten oder zu verletzen,diese Übungsregel nehme ich auf mich.
Nichtgegebenes nicht zu nehmen,diese Übungsregel nehme ich auf mich.
Keine unheilsamen sexuellen Beziehungen zu pflegen,diese Übungsregel nehme ich auf mich.
Nicht zu lügen oder unheilsam zu sprechen,diese Übungsregel nehme ich auf mich.
Nicht durch berauschende Mittel mein Bewusstsein zu trüben,diese Übungsregel nehme ich auf mich.
[...] Die Ethik des Buddha lässt sich so in einem Satz zusammenfassen, nämlich: "Ich übe mich darin, kein lebendes Wesen zu verletzen". Oder noch konzentrierter in zwei Begriffen: Ahimsa, Nicht-Verletzen. Und Sati, Achtsamkeit. Nicht-Verletzen ist das Ziel der ethischen Praxis, Achtsamkeit ist die Methode. [...]
[...] Wer achtsam ist, der kann nicht gewalttätig sein. Denn Gewalt ist zumeist blind - unachtsam. Achtsamkeit ist deshalb die alltägliche Grundpraxis oder Grundübung auf dem Weg des Buddha. Und es geht darum, sie so umfassend wie möglich in unserem Leben zu entfalten. In allen unseren Handlungen und Situationen möglichst uneingeschränkt achtsam und vollbewusst zu sein, so dass wir tatsächlich wissen, was wir tun. Nur der Wirklichkeit bewusst können wir ihr gemäss leben. Nur achtsam und bewusst sind wir in der Lage, verantwortlich zu denken, zu entscheiden und zu handeln. Bewusstheit ist Verantwortlichkeit. Selbstverantwortlichkeit zu praktizieren, ist ein zentraler Inhalt des buddhistischen Weges.
Die Veränderung oder Heilung der Welt, die Überwindung der Gewalt, beginnt bei mir und liegt in meiner Hand. Sie wird möglich und wirklich, indem ich achtsam bin. [...]
[...] Wenn es darum geht, Frieden zu schaffen, dann erfordert das, den permanenten Unfrieden in mir zu beenden. Mich darin zu schulen, die Unruhe des ständig hin und her springenden, immer wieder nach neuem und anderem greifenden, permanent hinweg flüchtenden Geistes zu beenden. [...]//
Währe nicht diese Praxis für uns alle wohltuhend und die Lösung vieler Probleme vor denen wir stehen? Aber es ist nicht einfach seinen Geistesgiften zu entfleihen. Es bedarf dazu einer stetigen Übung. In einer Zeit des schnellen Konsums kaum vorstellbar.
//[...] Nur der erkennt darum die Wirklichkeit, so wie sie ist - und nicht, wie wir sie sehen oder sehen wollen - der sich selbst erkennt, der sich selbst "auf die Schliche kommt", dem seine Projektionen bewusst werden. Sich selbst erkennen, erfordert, die uns eigene Weise kennen zu lernen, die Dinge und die Welt zu sehen; kennen zu lernen, wie wir auf die Erscheinungen und Begebenheiten, gewohnheitsmäßig und unbewusst, von eigenen Erfahrungen und Konditionierungen geprägt, reagieren. Wirklichkeitserkenntnis heißt im Buddhismus darum vor allem anderen Selbsterkenntnis. "Wer sich selbst erkennt, der erkennt die Welt", so lehrte der Buddha. [...]//
Darum sollte man meiner Meinung nach vom Opium der Medien Abstand nehmen und in der Ruhe zum eigenen Frieden finden.

Und die Kritiker?
Licht und Schatten des Buddhismus
oder:was Religionskritiker nicht übersehen solltenMichael Schmidt-Salomon Aus: MIZ 1/00 (www.miz-online.de)
[...]Die humanistische Interpretation des Buddhismus im 20. JahrhundertMitte des 20. Jahrhunderts trat der Buddhismus endgültig seinen Siegeszug in den westlichen Ländern an. Wegbereiter dieser Entwicklung waren nicht nur Reaktionäre und esoterische Wirrköpfe Goldner verweist u.a. auf Blavatsky und Graf Dürkheim , sondern auch kritische Intellektuelle, wie z.B. der humanistische Soziologe und Psychoanalytiker Erich Fromm. Fromm, der als Vertreter der frühen kritischen Theorie und internationaler Bestsellerautor (Furcht vor der Freiheit, Die Kunst des Liebens, Haben oder Sein) neben Herbert Marcuse, Wilhelm Reich und Ernst Bloch zu den wichtigsten Ideengebern der internationalen Studentenbewegung gehörte, veröffentlichte Anfang der sechziger Jahre gemeinsam mit dem bekannten Zen-Buddhisten Daisets T. Suzuki ein Buch mit dem Titel Zen-Buddhismus und Psychoanalyse.[5] In seinem Beitrag versuchte Fromm aufzuzeigen, dass die Beschäftigung mit dem Zen-Buddhismus auch für säkular denkende Mensch gewinnbringend sein kann. Zentrales Anliegen des Buddhismus sei die Aufhebung von Verdrängung und Entfremdung, eine von Illusionen und Selbstzweifeln befreite Sicht auf das eigene Selbst und sein Verhältnis zur Welt. Hierin erkannte Fromm eine notwendige Voraussetzung für die Etablierung einer schöpferischen Weltorientierung, die nicht nur dem Individuum dazu verhelfen könne, "die eigene Mitte zu finden". Entscheidender waren für den unorthodoxen Marxisten Fromm allemal die politischen Konsequenzen: Der von Buddha angestrebte "Mittlere Pfad", der auf eine Überwindung von Gier und Sucht abzielt, erschien ihm als notwendiges Gegenprinzip zum kapitalistisch verordneten Konsumzwang. (Vor allem in seinem Spätwerk Haben oder Sein stellte Fromm diesen Konsumzwang als zentrale Ursache für die verheerenden sozialen und ökologischen Probleme unserer Zeit heraus.) Freilich lässt sich über die Buddhismus-Interpretation Fromms streiten. (Wie so häufig, fokussiert Fromm auch im Falle des Buddhismus allein die Elemente, die seinem eigenen Denkansatz entsprechen, Widersprüche werden leichtfüßig umgangen.) Allerdings ist kaum zu ignorieren, dass seine durch die Beschäftigung mit Buddha, Marx und Freud gewonnene Unterscheidung von Haben- und Seins-Orientierung (d.h. von entfremdeter und nicht-entfremdeter Lebensperspektive) auch heute noch erhellend wirkt, was u.a. demonstriert, dass der Buddhismus eben nicht nur reaktionäre, sondern auch progressive Denkanstöße vermitteln kann. Philosophie statt ReligionDas zentrale Problem des Buddhismus besteht zweifellos darin, dass er zur Religion entartete. Diese unschöne Tatsache sollte skeptisch denkende Menschen aber nicht daran hindern, den Buddhismus als Philosophie kritisch wertzuschätzen. Nebenbei: Liest man Buddha philosophisch, kann man interessante Parallelen zu anderen bedeutenden Philosophen feststellen, z.B. zu dem in konfessionslosen Kreisen zu Recht hochgeschätzen Epikur. Wie Epikur wollte auch Buddha den Menschen die Angst vor dem Einfluss (vermeintlicher) Götter nehmen und den Machtanspruch religiöser Hierarchien schwächen. Wie Epikur versuchte auch Buddha einen Weg jenseits der Extreme zu etablieren. (Sicherlich wählte Epikur hierbei einen hedonistischeren Zugang, aber auch die epikureische Philosophie zielte nicht auf ein hemmungsloses Ausleben wilder Triebe, wie man später von christlicher Seite den "Epikureern" gegenüber gerne unterstellte, sondern auf einen bewußten Weg der Mitte - und das bedeute für Epikur vor allem die Überwindung von Leidenschaften, die Leiden schaffen.) [6] Welche Schlüsse können wir nun aus unserer kurzen Beschäftigung mit Buddhismus und Buddhismuskritik ziehen? Meines Erachtens spricht vieles dafür, dass Religionskritiker Abstand davon nehmen sollten, Religionen in ihrer Gänze zu verdammen. Das heißt natürlich nicht, dass Religionen als Religionen nicht weiterhin in aller Schärfe zu kritisieren sind (ihr falscher Wahrheitssanspruch muss demaskiert werden, das säkulare Prinzip Offenheit an die Stelle des religiösen Prinzips Offenbarung treten usw.). Wir sollten dabei aber nicht übersehen, dass Religionen ungeachtet ihrer oftmals menschenverachtenden Theorie und Praxis zweifellos wichtige kulturelle Schatzkammern der Menschheit sind, in denen sich vieles findet, was sicherlich auch heute noch bemerkenswert ist. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für den Buddhismus, sondern auch für das Christentum. Auch in der Bibel finden sich einige Stellen, die über den gegenwärtigen Status quo des Denkens produktiv hinausweisen. (Man denke zum Beispiel an einige - freilich auf keinen Fall sämtliche! - [7] Passagen aus der sogenannten Bergpredigt (z.B. das Gebot der Feindesliebe, Mt 5,44) oder an die eindrucksvolle Geschichte vom Manna (Exodus 16,13-31), das man sammeln und verzehren, aber nicht horten konnte. (Mancher Politiker möge sich hieran vielleicht ein Beispiel nehmen...)) Fazit: Es sollte Religionskritikern um eine dialektische Aufhebung - nicht um den Versuch einer plumpen Zerstörung - der Religion gehen, d.h. um eine Weiterführung ihrer humanen Aspekte, die bei der notwendigen Kritik ihrer inhumanen Neben- oder sagen wir besser: Hauptwirkungen nicht übersehen werden sollten. Anders formuliert: Wir brauchen nicht nur eine weltweite religiöse Abrüstung (diese ist für den Weltfrieden mindestens ebenso bedeutsam wie die militärische!), sondern auch eine weltweite religiöse Umrüstung, eine religiöse Konversionspolitik, die darauf abzielt, das potentiell Lebensdienliche, das in jeder religiösen Tradition zu finden ist, vom Lebensfeindlichen zu trennen und in eine säkulare, auf das Menschliche beschränkte Umgebung zu verpflanzen. Entreißen wir den Pfaffen, Mönchen und Schriftgelehrten also die halben Wahrheiten, mit deren Hilfe sie in der Vergangenheit ganze Erfolge feierten. Erst wenn dies gelungen ist, hat Religionskritik ihre Aufgabe erfüllt. [...]

Erich Fromm (aus WIKI)
Der entfremdete Mensch - Psychosoziale Störungen im Kontext des etablierten Gesellschafts-Charakters
[...] Im 19. Jh. definierten Hegel und Marx einen Menschen als von sich selbst entfremdet, wenn ihm „die eigene Tat [...] zu einer fremden, gegenüberstehenden Macht wird, die ihn unterjocht, statt daß er sie beherrscht“. Die Entfremdung des Menschen zu sich selbst, seinen Handlungen und dadurch notwendigerweise auch zu seiner Umwelt, ist in der modernen Gesellschaft zu einem zentralen Problem geworden. Im folgenden soll die Situation des Menschen unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden.
Der Mensch als abstrakte Größe
Der einzelne Mensch wird in der heutigen Gesellschaft und Wirtschaftswelt vorwiegend als unpersönliches Einzelteilchen wahrgenommen statt als individuelle Persönlichkeit. Egal ob im Unternehmen oder in der Konsumwelt, er ist zu einer abstrakten Größe geworden, die sich in Zahlen ausdrücken lässt und somit berechnet werden kann. Ein gutes Beispiel ist der typische Bürokrat. Für ihn existieren die Menschen, über deren Schicksal er möglicherweise entscheidet, nur als Objekte und Zahlen auf dem Papier. Dies ermöglicht ihm, ohne Anteilnahme oder zwischenmenschliche Gefühle wie Sympathie oder Antipathie Entscheidungen über sie zu fällen. Ebenso geht es dem Großunternehmer, der mit nur einer Unterschrift 100 Menschen entlassen kann, ohne diese je kennen gelernt zu haben und von ihren Lebensumständen zu wissen. Nur ob sie die Anforderungen erfüllen oder nicht ist entscheidend.
Eine maßgebliche Ursache für die Abstraktion des Menschen ist das Streben nach größtmöglicher Effizienz, das für den Kapitalismus so charakteristisch ist. Vor allem durch die stetige Zunahme von Großkonzernen und dem damit verbundenen Verschwinden kleiner Betriebe wird der Einzelne vorwiegend nach seinem „Marktwert“ beurteilt und kann wie die kaputte Schraube einer Maschine beliebig ausgetauscht werden. Eine weitere Auswirkung dieser gesteigerten Produktivitätsverhältnisse ist eine sich immer mehr verzweigende Arbeitsteilung, die dem Einzelnen den Bezug zu seiner Arbeit nimmt. Im humanistischen Sinne dient die Arbeit der Menschwerdung des Einzelnen. Indem er die Natur beherrscht und gestaltet, kann er einen Weg finden, sich mit ihr zu vereinigen und gelangt durch diesen fortwährenden Entwicklungsprozess zu Individualität. Für die meisten Menschen der heutigen Gesellschaft dient die Arbeit nur als Gewährleistung für ein geregeltes Einkommen. Da man somit nur einen Teil irgendeines Ganzen produziert, verliert man den Gesamtzusammenhang zu seinem Tun und den Bezug zu den selbst oder von anderen produzierten Dingen. Arbeit kann in diesem Sinne nicht mehr als sinnvolle Tätigkeit angesehen werden, da sie keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr in sich birgt.
Die narzisstische Selbstspiegelung des Menschen
Durch den Drang nach Konformität und die entfremdete Arbeitsweise entsteht im Menschen ein „Loch im Selbst“. Dieses wird ferner verstärkt durch den etablierten Gesellschafts-Charakter, der in der heutigen Gesellschaft ein Leben nach außen hin als gesunde Lebensweise vorgibt und auf die Möglichkeit verweist, innere Gefühle der Leere oder Unsicherheit durch die Vielzahl kultureller Opiate zur überdecken. Das Ergebnis dieser Lebensweise ist eine narzisstische Selbstspiegelung des Einzelnen. Durch das ständige Ablenken vom eigenen Innern ist man sich seiner inneren Kräfte nicht mehr bewusst und erfährt sich somit nicht mehr als Initiator seines Handelns. Das Handeln an sich, das von äußeren Kräften gelenkt wird, hat stattdessen die Überhand über das Selbst genommen. Auf diese Weise ist es unmöglich, ein gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen, sodass der Einzelne sein Selbstwertgefühl aus seiner sozio- ökonomischen Rolle entnimmt. Hierdurch hat sich in unserer Gesellschaft auch in mentaler Hinsicht eine bizarre Marketing-Orientierung ergeben. Für den Einzelnen ist sein Dasein zu einer Art Ware geworden, die im Spiegel des sozialen Echos einen gewissen Wert erlangt: „Sein Körper, sein Geist und seine Seele sind sein Kapital, und seine Lebensaufgabe besteht darin, diese vorteilhaft zu investieren, einen Profit aus sich zu ziehen“. Ihren höchsten Ausdruck hat dieser Wunsch nach einer spiegelnden Aufmerksamkeit in den Massenmedien gefunden. Egal ob die Teilnahme an Talk- und Realityshows oder die Vielzahl persönlicher Homepages, alles spricht für den Drang, ein sekundäres Selbstwertgefühl zu erlangen, indem man das Interesse anderer Menschen weckt.
Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich unter anderem die Zunahme der Suizide erklären. Wenn man sein Leben vorwiegend als eine Art Unternehmen betrachtet, in das man seine physischen und psychischen Fähigkeiten möglichst sinnvoll investieren muss, dann ist das Leben ein Fehlschlag, wenn die Bilanz unterhalb des erhofften Werts liegt. „Man begeht Selbstmord, genau wie ein Geschäftsmann seinen Bankrott erklärt, wenn die Verluste größer sind als der Gewinn“. Der moderne Mensch lässt sich also insgesamt als „passiver Empfänger von Eindrücken, Gedanken und Meinungen“ beschreiben. Zwar ist er im Laufe der Jahrhunderte erheblich intelligenter geworden, doch hat er was die Vernunft betrifft starke Einbußen zu verzeichnen. Seine Intelligenz nutzt er als Werkzeug, sich selbst und andere zu manipulieren. Das vernünftige Hinterfragen von Gegebenheiten, das Urteilen und Handeln nach gefundenen Grundsätzen ist jedoch zugunsten der Konformität eingestellt worden.
Der Massenkonsum
Der entfremdete Mensch wird vielmehr von äußeren Einflüssen statt inneren Strebungen gelenkt. Insofern dient auch der Konsum nicht mehr dazu, sich selbst einen Wohlgefallen zu tun, sondern es geht vielmehr um „die Befriedigung von künstlich stimulierten Phantasievorstellungen“, die vor allem durch die Massenmedien an den Menschen herangetragen werden. Da diese scheinbare Befriedigung die tatsächlichen menschlichen Bedürfnisse des Einzelnen jedoch unbefriedigt lässt, hat sich in der heutigen Gesellschaft eine regelrechte Konsumsucht etabliert.
Das Bedürfnis nach Massenkonsum erzeugt im Gesellschafts-Charakter den Drang, „daß jeder Wunsch sofort befriedigt werden muß und kein Verlangen frustriert werden darf“. Dadurch ist der moderne Mensch weitgehend unfähig geworden, seine Wünsche aufschieben zu können, auch wenn diese nur von der Wirtschaft vorgegeben sind. Anstatt sich mit Konflikten mit dem eigenen Selbst auseinander zu setzen, beschäftigt sich der Einzelne ständig mit einem neuen Vergnügen aus der breiten Palette kultureller Opiate. In der heutigen Gesellschaft besteht also nicht einmal mehr die Notwendigkeit, sich seiner selbst bewusst zu werden.
Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen
Der entfremdete Mensch ist vor allem durch das hohe Maß an Manipulation sich selbst und anderen gegenüber gekennzeichnet. Die Beziehung zu seinen Mitmenschen kann somit zwangsläufig nur krankhafter Art sein und ist im Allgemeinen von reiner Gleichgültigkeit durchsetzt. Hinter der aufgesetzten Freundlichkeit steht nur der Wunsch nach Selbstbestätigung und die egoistische Motivation, dass der andere einem irgendwann nochmal von Nutzen sein könnte.
Zwischenmenschliche Beziehungen sind zudem zu einer weiteren Möglichkeit geworden, sich selbst und seinen Gedanken aus dem Weg zu gehen. Als Mechanismus hierfür dient ein weit ausgeprägter Verbalismus, der sich in der modernen Kultur stark etabliert hat. „Sich auszusprechen ist Mode geworden“ und ermöglicht dem Menschen, beunruhigende Gedanken sofort auszusprechen und einen inneren Druck auf diese Weise abzubauen. Hierdurch geht ihm jedoch ein wichtiger Schritt zur Selbstfindung verloren, da die Gedanken auf diesem Weg nicht fruchten und zu neuen Ideen führen können.
In der zwischenmenschlichen Intimität einer Partnerschaft sucht der Mensch das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Wie bereits erläutert ist der Mensch jedoch nur zum Lieben fähig, wenn er ein Gefühl von Integrität mit sich selbst besitzt. Durch die entfremdete Lebensweise in unserer Gesellschaft ist es dem Einzelnen folglich kaum möglich, eine gesunde Partnerschaft aufzubauen und zu erhalten. Die Selbstdarstellung des Menschen ist zu ausgeprägt und er muss in zu vielen Rollen seine Konformität und die darin geforderte Flexibilität erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es kaum verwunderlich, dass Partnerschaften in der modernen Gesellschaft nur selten von langer Dauer sind bzw. zu einer reinen Zweck- und Interessengemeinschaft umstrukturiert wurden. [...]
Der Weg des Buddhismus, also die persönliche Entwicklung nach hohen ethischen Maßstäben voran zu treiben, kann meiner Meinung nach helfen, sich den Umständen des Lebens in unserer Gesellschaft bewußt zu werden, von denen Erich Fromm und andere immer wieder sprechen und gesprochen haben. Einhergehend damit ist der innere und äußere Frieden des Einzelnen und der Gesamtheit.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und Ahimsa

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