Jenseits der Zeiten
von
Wychmanus comes
22/03/2006
Es war an einem schönen Sommertag im August, als die Geschichte, die ich hier erzählen möchte, begann. Er war jemand, der sich an Prinzipien hielt. Prinzipien, die schon seine Vorfahren durch ihre Leben geleitet hatten. Es gab für ihn keinen Grund, an der Richtigkeit der alten Werte zu zweifeln. Waren unsere Vorfahren denn um so vieles dümmer, nur weil sie einige Generationen vor uns gelebt hatten? Oder hatte sich die Welt so radikal verändert und damit auch ihre Gesetzmäßigkeiten?
Die Welt, in die er hineingeboren wurde, hatte sich nur beschleunigt - nichts weiter. Alles wurde einer Mode unterworfen, in den Himmel gehoben, benutzt und schließlich wieder ausgespuckt, um sich Neuem zuzuwenden. Doch langsam gingen den Machern die Ideen aus. Moden kamen und gingen, nur die Hochzeit verkürzte sich rapide und damit auch der Wert, dessen man sich bedient hatte. Was konnte man auch erwarten, wenn man alles, nachdem man es benutzt hatte, verdammte.
Unmodern wurde mit wertlos, überholt und nicht mehr zeitgerecht und damit falsch in Verbindung gebracht. Sie redeten sich ihre eigene Welt in den Abgrund. Und nicht nur die Welt, auch die Krone der Schöpfung konnte sich dem nicht entziehen.
Gerade hatten Menschen den Zenit ihres Lebens erreicht, standen im Optimum ihrer Leistungsfähigkeit, hatten Wissen angehäuft und begonnen die Welt zu verstehen, schon drehte sich das Rad weiter. Alles bisher gelernte schien nutzlos zu sein. Lebenserfahrungen bedeuteten nichts, wurden dem Alteisen zugeordnet. Man könnte von modernem Sklaventum sprechen. Die Menschen unterwarfen sich dem Diktat des Kapitals.
Doch er hielt an seinen Prinzipien fest. Nicht diesen preußischen. Es waren andere Prinzipien, die ihn stützten und ihm Sicherheit gaben. Prinzipien wie Ehre, Aufrichtigkeit, Gewaltlosigkeit. Was er haßte war die Lüge. Denn durch Lüge verändert sich die Welt. Man spielt dem Teufel in die Hände; das Vertrauen der Menschen löst sich auf wie Schnee in der Sonne unter der Macht der Lüge. Das Zusammenleben wird zum Kampf. Ein Wettstreit bricht los, der im Chaos enden muß, weil die Lüge der Feind des Vertrauens ist.
In diesem Sommer hatten die Menschen sich schon so sehr an die Lüge gewöhnt, daß sie anfingen nicht nur einander zu belügen, sondern auch sich selbst. Der Grund muß darin gelegen haben, daß es eine Zeit der Überforderung war. Zwar hatten sie alles, um ihren Körper zu erhalten und auch für Zerstreuung war gesorgt, aber es war eine Zerstreuung auf geringem Niveau.
Eine komplexe Welt hatten sie geschaffen, die anfing sich immer schneller zu drehen. Zeit zur Besinnung blieb nur wenig. Zu Recht nannten sie es das Informationszeitalter. Nur die Information galt etwas, für Wissen blieb keine Zeit. Zeit, die keiner mehr hatte. Konnte etwas nicht innerhalb weniger Sekunden erreicht werden, wurde versucht es auszublenden.
Es gibt noch Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Auch wenn es heute kaum zu begreifen ist - es war alles bekannt. Sie nannten es wohl "Magnetische Aufzeichnung" und "Digitalisierung". In ihren Nachrichten wurde jeden Abend den Völkern mitgeteilt, welche Ereignisse zur Kenntnis genommen werden mußten. Einen hohen Anteil bildeten dabei Ereignisse, die einzig und allein durch die Hand der Menschen hervorgebracht wurden. Es war Unwissenheit, Ignoranz, Hass und Neid, was diese Dinge erzeugte.
Auch wenn ihr Interesse schnell nachließ, der Fokus der Aufmerksamkeit immer wieder auf andere Geschehnisse gerichtet wurde und dabei nur Ausschnitte erkannt werden konnten, so blieben die Probleme doch erhalten und verstärkten sich mitunter gegenseitig. Es war eben nicht die richtige Epoche für Probleme von gestern oder morgen. Die Vielschichtigkeit nahm immer weiter zu. Ein ganzheitliches Bild ließ sich unter diesen Umständen kaum mehr zeichnen.
Rituale, wie sie in vergangenen Tagen benutzt worden waren, bildeten kein Fundament mehr. Sie galten als überholt und wirkungslos. Was damit einherging, war ein Gefühl der Bodenlosigkeit. Woher? Wohin? - sie konnten es nicht bestimmen.
Die immer weiter fortschreitende Technisierung forderte zunehmend ihre Opfer. Die Welt wuchs in so rasantem Tempo zusammen, daß von einem globalen Dorf gesprochen wurde. Wozu vor Zeiten noch achtzig Tage benötigt wurden, nämlich die Umrundung der Erde, benötigte man jetzt neunzig Minuten oder nur einen einzigen Klick. 24-7-52.
Aber die Gesellschaften an sich sind langsame Gebilde. Die Entwicklung läuft von Generation zu Generation ab. Veränderungen treten zögernd ein und lassen sich dann nur noch schwer wieder rückgängig machen. Einige Gesellschaften, die sich für besonders fortschrittlich ansahen, bestimmten den Rhythmus. Andere konnten dadurch nicht mehr ihren eigenen Vorstellungen entsprechend handeln und sich den neuen Gegebenheiten schnell genug anpassen.
In der Geschichte der Menschheit gab es schon einmal eine solche Situation. Es war die Erfindung des Krieges, wie er dann lange praktiziert werden sollte. Die Kulturrevolution begann mit der Domestizierung einiger Tierarten und dem ortsgebundenen Züchten von Pflanzen. Es war der Übergang vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern und Viehzüchter. Diese gesellschaftliche Entwicklung hatte entscheidende Vorteile für die Menschen hervorgebracht. Man konnte Vorräte anlegen und sich so weitgehend unabhängig von klimatischen Schwankungen machen. Doch der Nachteil liegt genauso auf der Hand. Man war ortsgebunden und sah sich immer wieder dem Neid der Nachbarn ausgesetzt. Somit wurde es unumgänglich seine Scholle zu verteidigen, denn einfache Flucht, die zu Beginn der Menschwerdung als Jäger und Sammler noch möglich war, hätte einen Aufbruch in die Ungewißheit und ein Todesurteil für den Großteil der Gemeinschaft bedeutet.
Und genau an einer solchen Schwelle standen die Menschen erneut. Nur mit dem Unterschied, daß die Entwicklung mit rasender Geschwindigkeit ablief. Durch die Globalisierung, die sie immer abhängiger voneinander machte, waren sie gezwungen miteinander auszukommen, auch wenn ihnen das gegenseitige Verständnis und der nötige Respekt vor den unterschiedlichsten Kulturen ein hohes Maß an Weisheit abverlangen würde. Doch Weisheit hat zur Grundlage, daß man die Entwicklung und die Auswirkungen für sich durchdacht hat, und die nötigen Schlüsse gezogen werden. Die Zeit lief davon.
Sie wurden zu Suchenden. Jeder auf seine Weise. Die Gesellschaften und Kulturen segmentierten sich. Eine ganzheitliche Vorgehensweise war kaum möglich. Verschiedene Absichten standen sich diametral gegenüber. Wirtschaftsysteme, Gesellschaftssysteme, Kulturen, Religionen, Ressourcen. Nur eine sie alle verbindende Struktur war nicht zu erkennen. Doch sie lag im wahrsten Sinne des Wortes vor ihren Füßen.
In dem Jahrhundert vor diesem Jahrhundert erging es den Menschen nicht besser. Sie opferten ihre Physis, um ihrer Scholle Nahrung abzuringen, oder sie gingen in die großen Städte auf der Suche nach Arbeit und starben an den schlechten hygienischen und arbeitstechnischen Umständen früh. War das wirklich eine so große Weiterentwicklung, die durch die Technisierung erreicht wurde, wie sie immer wieder behauptet haben? Oder wurden die Probleme nur in eine fernere Zukunft verschoben? Lag die Lösung in der Entwicklung von Maschinen, die ihnen die Arbeit solange abnehmen sollten, bis keiner mehr Arbeit finden konnte. Oder lag sie doch mehr in der geistigen Vervollkommnung jedes Einzelnen? Oder war es am Ende eine Kombination aus beidem? Ein Umdenken lag in weiter Ferne, obwohl klar war, daß diese Vorgehensweise ein natürliches Ende finden mußte. Denn gerade die Maschinen und technischen Anlagen hatten einen entscheidenden Nachteil. Sie verlangten nach immer mehr. Mehr Stückzahlen, mehr Konsum, mehr Ressourcen, mehr Verschmutzung, um ihre hohen Kosten zu decken. Sie taten genau das Gegenteil von dem, was die Natur uns als Beispiel gibt. Das Denken in Kreisläufen. Aber das ganze System lief linear ab. Es war auf ein unendliches Wachstum ausgerichtet. Aus heutiger Sicht war die Antwort einfach.
Eine Verhaltensweise des Menschen ist es, in solchen Situationen die Realität auszublenden. Er lenkt sich mit seichter Unterhaltung ab und macht sich damit zum eigenen Sklaven der Umstände. Die Gesellschaft wurde kalt. Es gelang ihnen nicht einmal mehr die Alten und Kranken richtig zu versorgen. Wer an dieser Ellenbogengesellschaft nicht teilnehmen konnte, wurde im Kampf der Individuen ausgegrenzt.
Auch den Kindern erging es nicht anders. Ihnen wurde zwar eine gewisse Bildung zu Teil, aber natürlich nur im Rahmen dieser doch so modernen Gesellschaftsordung. Wie sollte auch ein einzelner Pädagoge allen Anforderungen gerecht werden, zumal mit Werkzeugen, die aus den Anfängen der Industrialisierung stammten? Gewalt und Ausgrenzung waren an der Tagesordnung, und die Eltern kämpften den Kampf der Lüge. Alle streckten sich nach der Decke und das auf dem Rücken derjenigen, die schon lange am Boden lagen. Die materielle und emotionale Verwahrlosung, die schneller um sich griff als die meisten der Betroffenen auch nur ahnen konnten, steigerte die Aggressivität und das Besitzstandsstreben. Fronten, schon lange überwunden geglaubt, schienen erneut zum Schauplatz der Auseinandersetzungen zu werden.
Ähnlich wie im 18. Jhd. konnten die Menschen durch den Lohn ihrer Arbeit kein Auskommen mehr finden. Sie waren gezwungen, entweder alleine zu leben, oder aber die Kinder ihrem Schicksal zu überlassen. Eine Versorgung der Familie war nur noch möglich, wenn beide Elternteile einer Beschäftigung nachgingen. Materielles Denken, Angst vor dem sozialen Abstieg und oberflächliche Abgrenzung von anderen sozialen Schichten und Denkweisen verlangten eine Art des Lebens, das ohne Zweifel keine Substanz mehr hatte. Wie Hamster in ihren Laufrädern liefen sie Idealen nach, die sie doch nur immer schneller in den Abgrund zwangen. Die Frage nach dem richtigen Einsatz der noch vorhandenen Mittel, um die Situation zu verändern, scheiterte an den nicht vorhandenen Mitteln.
Alles schien paradox zu sein. Hätten sie sich die Verhältnisse genauer angesehen, ohne an ihren eigenen unmaßgeblichen Vorteil zu denken, so könnten sie die folgende Feststellung gemacht haben: Darwin sprach in seiner Evolutionstheorie nicht von dem Kampf der Arten, sondern vielmehr davon, daß eine Lebensform um so größere Überlebenschancen hat, je besser sie dem sie umgebenden Lebensraum angepaßt ist. Doch dabei kann man drei Arten unterscheiden. Schnelle Anpassungsfähigkeit an wechselnde Bedingungen, Spezialisierung auf eine Bedingung, oder die Nutzung einer Nische, die noch nicht oder nur wenig von anderen genutzt wird. Von schneller Anpassungsfähigkeit der Menschheit konnte in diesem Stadium nicht gesprochen werden. Die Frucht der Erkenntnis stand ihnen im Wege und die vorhandenen Wirtschaftssysteme hatten als Grundgedanken die Ausbeutung der endlichen Ressourcen und stetiges Wachstum, was eine immer schneller fortschreitende Spezialisierung der industriellen Produktion und der von ihnen erzeugten Produkte zur Folge hatte. Doch Spezialisierung gepaart mit mangelnder Anpassungsfähigkeit hat einen entscheidenden Nachteil. Die Gefahr des Aussterbens. Und eine weitere Komponente kam hinzu, die Erfindung der Aktie. Zu beginn dieser Entwicklung war sie wie eine Triebfeder, die die Entwicklung der Wirtschaft in ungeahnte Höhen katapultierte. Doch während der Globalisierung schadete sie den Menschen im gleichen Maße wie sie ihnen vorher genutzt hatte.
Jede Produktion richtete sich nach den Börsenkursen. Es war nicht mehr wichtig, wie gut ein Produkt hergestellt, wieviele Menschen in Lohn und Brot standen oder welchen Nutzen es hatte. Einzig der Gewinn der Aktie zählte. Meist nur kurzzeitige Gewinne ohne Nachhaltigkeit. Menschen wurden entlassen und der Kurs stieg. Produktionen wurden verlagert, ungeachtet ob noch jemand übrig blieb, der dann noch etwas kaufen konnte; und der Kurs stieg. Endziel war die Monopolisierung der Industrie. Und jeder machte mit, weil es alle taten und tun mußten.
Doch dies allein war nicht das ganze Problem. Denn Globalisierung hieß auch, daß der Einfluß der einzelnen Staaten zurückging. Sie wurden erpeßbar. Sie waren nicht in der Lage ihren Anteil am Gewinn der Aktienkurse zum Ausgleich der Verwüstungen, die die Arbeitslosigkeit erzeugte, für den Erhalt der Sozialsysteme geltend zu machen. Einigkeit aller Staaten hätte Abhilfe schaffen können. Dazu fehlten die Mittel und der Wille zur Veränderungen und Anpassung.
Nun würde nicht gleich die ganze Menschheit aussterben. Nein, aber ihnen war schon bewußt, zumindest tief in ihrem Bauch, daß einige Gesellschaftsformen den Übergang in eine neue Zeit nur schwer, oder gar nicht schaffen würden. Doch welche würden das sein?
Die ersten Rufe nach Krieg wurden laut. Und nur wenige Aufrichtige erhoben das Wort, um den Gedanken an den Untergang, der damit verbunden sein würde, in die Köpfe der Menschen zu heben.
Diese wilden Tiere waren also in einen Käfig gesperrt, den Bedingungen, die sie sich selber auferlegt hatten, machtlos ausgeliefert, und die Tür zur Freiheit würde sich nur dann öffnen, wenn sie den richtigen Schlüssel fänden.
Eine unruhige Gemeinschaft, die immer darauf bedacht sein mußte, nicht ihren Urtrieben nachzugeben und damit das ungewollte Chaos heraufzubeschwören. Doch gefährlich waren nicht die Umtriebigen, sondern jene, die davon überzeugt waren den Kampf am Ende doch gewinnen zu können - koste es was es wolle. Und gerade diese Sicht der Dinge war es, die der Lösung, die vor ihren Füßen lag, entgegen stand.
Die Klimaveränderung, entstanden vor allem durch den Ausstoß von Gasen in die ungeschützte Atmosphäre, lugte schon hervor und zeigte ihre häßliche Fratze. Erst wollten sie nicht wahr haben, daß sie selber die Ursache all dieser Schäden sein sollten. Dann konnte nicht sein, was nicht sein durfte.
Einige Gesellschaften, die sich im Aufschwung befanden, wollten gerade diesen nicht aufs Spiel setzen, und die Gesellschaften, die ihnen ein Vorbild für ihre Entwicklung gewesen waren, hatten keine neuen Lösungen anzubieten. Moderne Energiepolitik, die sich den neuen Herausforderungen stellen konnte und Lösungen für die im Wachstum befindlichen Staaten anzubieten hätte, war nur das Hirngespinst einiger, die angeblich nicht bereit waren, die Realitäten einer modernen Weltwirtschaft anzuerkennen. Die aufstrebenden Staaten würden in kurzer Zeit vor den gleichen Problemen stehen, wie ihre Vorbilder. Öl und dessen Derivate würden sich durch die zunehmende Verknappung stark verteuern, was das erhoffte Wachstum wiederum abschwächte. Die hohen Energiekosten, die lahmende Wirtschaft und die Kosten für den Unterhalt der Arbeitslosen ließen dann keinen Raum mehr für nötige Investitionen in die dringend neuzugestaltende Energiewirtschaft. Hinzu kamen die Kosten der Klimaveränderung. Doch auch hier zeigte die globalisierte Welt ihre dunkle Seite. Den Blick auf Wachstum gerichtet, waren sie nicht bereit, die nötigen Veränderungen zu gestalten. Es konnte sie ja auch keiner mehr dazu zwingen. Denn die Machte der Staaten und damit der Bürger, zumindest in demokratischen Regierungsformen, war durch die Macht der Großindustrie und dann durch die Macht des Geldes abgelöst worden.
Doch die Lösung lag buchstäblich vor ihren Füßen. Ein Ausbrechen Einzelner aus den eingefahrenen Wegen hätte den gesellschaftlichen Selbstmord bedeutet. Einzelne Individuen konnten an der Problematik nichts mehr verändern. Es mußte eine Gemeinschaftsleistung werden, die die dringendsten Probleme undogmatisch anging, Veränderungen schuf und die Struktur der globalen Gesellschaft auf ein neues Niveau hob. Doch auch hierzu waren sie nicht mehr in der Lage. Die Antwort lag buchstäblich vor ihren Füßen - Globokratie.
Nun werden sich einige fragen, was es denn war, das sie so unfähig machte, die Dinge in die Hand zu nehmen und sich von dem Abgrund zu entfernen vor dem sie standen. Es waren Haß, Neid, Begierde und Unwissenheit, die in ihnen die Angst vor Veränderung hervorbrachte.
All das wollte er nicht mehr wissen, als er eines Morgens erwachte -eben an jenem warmen Sommertag im August. Denn auch er war nur ein Produkt seiner Zeit und der Gesellschaft in der zu überleben er hoffte. Sie verwirrten ihn, machten ihm Angst mit ihrer Ignoranz und Wertelosigkeit - oberflächliche Handlungen und Aussagen ohne jede Substanz. Ziele ohne Ziel und Richtung. Machtgehabe - Konsum um jeden Preis, zur Beruhigung ihres eigenen Ego.
Sauber, satt und ordentlich hatten sie die Kinder erzogen. Es ist doch alles da! Man kann doch alles kaufen!
Kinderzimmer zugeschüttet mit Kunststoff, der allzu leicht entsorgt werden konnte, wenn das Interesse nachließ und der Wunsch nach etwas Neuem wach wurde. Liebten die Kinder ihre Spielzeuge immer noch genauso wie er die seinen geliebt hatte -früher, in seiner Kindheit? Konnte denn der Besitz dieser Dinge in unglaublichen Mengen noch glücklich machen? Hatten sie denn nicht wie er die Erfahrung gemacht, daß neues Spielzeug mit zunehmendem Lebensalter immer schneller an Reiz verlor? Es zur sinnlosen Befriedigung wurde. Oder lag es an der Werbung, die immer wieder aufs neue versuchte, ihren Tant an den Mann und die Frau zu bringen?
Es schien so zu sein, daß die Kinder vom eigentlichen Sinn ablenkt wurden. Wollten sie denn ihre Umwelt nicht mehr erkunden und wahrnehmen -sie in einer richtigen Art und Weise erforschen? Durch einfache Dinge sich versenken fand nicht mehr statt. Die Phantasie aus einem Topf einen Ozeandampfer zu machen, und sich stundenlang auf hoher See mit ihm zu befinden hatte keinen Reiz mehr. Kauf mir was! war der neue Slogan -was ist mir egal. Liebe, Familie, Freundschaft und Vertrauen, dies alles opferte man einem Wahn, der auf die Dauer wahnsinnig macht. Sie hatten die Kinder materiell und emotional verwahrlosen lassen. Falsch gedachte Emanzipation, der Terror des Konsums und der gesellschaftliche Druck, dem man sich nur schwer entziehen konnte, forderten ihren Preis. Und alle vorgeschlagenen Lösungen waren scheinbar unmodern, veraltet und entstammten vermeintlich einer Zeit, in die sie nicht mehr zurück wollten, nicht einmal in Gedanken.
Was hatten sie nur falsch gemacht. Sie wollten nur Freiheit und Glück und hatten sich gleichzeitig selber versklavt. Es blieb ihnen nur noch das Geld. Es versprach ihnen Freiheit und Glück. Doch gerade das Geld war es, diese Fratze des Bösen im Gewand eines goldenen Engels, das sie so geblendet hatte. Geld ist wie eine Droge, die die Realität verschleiert und blind macht für die Wahrheit.
Heute, nach so vielen Jahren, ist es leicht sie zu verachten, ihnen Vorwürfe zu machen und sie zu verdammen. Es hat lange gedauert, bis sich die Menschheit selber davon überzeugt hatte, daß die Abschaffung des Geldes möglich und gleichzeitig ein Aufbruch zur geistigen Freiheit der Zivilisation bedeutete. Doch zu jener Zeit hätte ein solcher Vorschlag nur Unverständnis und heftiges Kopfschütteln hervorgerufen. Sie hätten Menschen, die diesen Ideen aus gutem Grund angehangen hätten, den gesunden Menschenverstand abgesprochen. Doch auch diese Reaktionen zeigen nur die eigentliche Verblendung. Sie hingen dem Fortschritt nach. Ließen Maschinen für sich arbeiten, bis sie keine Arbeit mehr hatten und konnten doch nicht erkennen welche Folgen das haben mußte. Was zur endgültigen Befreiung noch fehlte, war eine für alle Menschen frei zugängliche Energiequelle. Dies sollte nach der Industrialisierung und der Entwicklung der Mikroelektronik der letzte Schritt sein, der das Geld in großem Umfang unnötig machte.
Die Maschinen produzieren heute die Dinge des täglichen Lebens, die Elektronik sorgt für die freie und uneingeschränkte Kommunikation der Menschen weltweit und bildet somit die Grundlage zur Globokratie, wobei die neue Energie der Motor all dessen ist. Doch gerade diese Zusammenhänge könnten uns heute glauben machen, daß verschiedene gesellschaftliche Gruppen in der damaligen Zeit kaum Interesse zeigten, der Menschheit genügend preiswerte Energie zur Verfügung zu stellen. Und die Gesellschaft an sich zeigte auch keine besonderen Anstrengungen ihre Vertreter zu drängen. Hatten sie Angst vor dem, was da noch kommen sollte? Was mit der freien Zeit anfangen? Arbeit im konventionellen Sinn gab es für die Massen nicht mehr. Nur besonders ausgebildete Spezialisten gingen noch Beschäftigungen nach, die man als Arbeit im klassischen Sinn hätte bezeichnen können. Aber auch hier ist Kritik nicht angemessen. Was sollten diese Gefangenen mit der neuen Freiheit auch anfangen. Sie hielten sich selber für völlig ungeeignet für die neuen Bedingungen. Welchen Sinn sollte auch ein Leben ohne Arbeit noch für sie haben?
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