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Widmung

Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.

Ahimsayama

Vielheit und absolute Einheit im Zen


[...] Beim Studium des Zen müssen diese beiden Richtungen vermieden werden ((Abstraktionen/ duales Denken/ Philosophieren) + (der Versuch das Bewußtsein auszuschalten)): die abstrakte Begriffsbildung und das Versinken in Leere. Das Koan hält den Geist von diesen beiden Richtungen zurück und stellt ihn auf den mittleren Weg. Denn die Wahrheit des Zen liegt nicht in verstandesmäßiger Abstraktion noch auch in quietistischer Beruhigung. Sich selbst überlassen gehen die Gedanken mit Sicherheit einen dieser beiden Wege, den linken oder den rechten, auf und nieder, und die Zen- Meister, gut geschulte und aufmerksame Buddhisten, wurden sich dieser dem menschlichen Bewußtsein innewohnenden Schwäche bewußt und gaben uns den Rat, Shamtha zusammen mit Vipashyana oder Vipashyana zusammen mit Shamatha zu üben. Shamatha ist das Anhalten der Gedanken, die das Bewußtsein stören, während Vipashyana das Offenhalten unseres geistigen Auges für die Welt der Veränderungen bedeutet. Shamatha, das sich um die Erfahrung der Einheit aller Dinge bemüht, in der der Dharmakaya aller Buddhas mit dem Körper aller fühlenden Wesen identisch ist, vermag das Bewußtsein in einen Zustand der Lethargie und Gleichgültigkeit führen. Als Gegenmittel hierführ müssen Gedanken in der einen oder anderen Weise aufgestachelt werden. So ist es wichtig für die Zenschüler, daß sie ihre Aufmerksamkeit auf Gegenstände richten, die der Welt der Gesonderheiten zugehören. [...]

[...] Es ist das Verständnis der Dinge nicht nur von dem Aspekt der Vielheit, sondern auch vom Aspekt der absoluten Einheit aus. Es [Zen] sieht das Eine in der Vielheit der Dinge sich verkörpern und nicht abseits von ihnen. Selbst wenn Zen in der Meditation versunken ist, verliert es niemals die Sicht einer Welt der Sinne und des Denkens. Zen ist nicht nur Gedanke, sondern auch Nicht-Gedanke. Es unterscheidet und enthält zugleich in sich selbst das, was Unterscheidung überschreitet [Unbedingtheit]. Es handelt aber in solcher Weise, daß es keine Absicht [Anhaftung/ => Leid] kennt. Zen-Leben ist nicht zweckbestimmt. Es gleicht der Sonne, die im Osten aufgeht und im Westen untergeht. Es gleicht den Pflanzen, die im Frühling blühen und im Herbst ihre Früchte tragen. Wir Menschen nehmen alle die Erscheinungen der Natur für bestimmte Zeichen, die in Beziehung stehen zum menschlichen Geschick und Wohlergehen, Aber diese auf den Menschen ausgerichtete Deutung der Welt endet immer in einer Tragödie, wenn nicht in äußerster Verwirrung der Gedanken. Die Zen-Welt ist sowohl zwecklos wie zweckhaft; sie ist zweckhaft, solange wir sie unter den Begriffen von Raum, Zeit und Ursachen betrachten. Aber sie ist äußerst zwecklos, wenn Zen uns fortnimmt von hier in eine andere Welt, in der es weder Denkendes noch Gedachtes gibt, noch etwas, das man unter Gedanken versteht. Manche mögen einwenden, daß es eine solche Welt nicht für menschliches Verstehen gibt. Zen aber würde antworten, daß es eine solche Welt wirklich gibt und wir gegenwärtig in ihr leben, es nur nicht wissen. Tatsächlich kann Zen nicht durch Argumente widerlegt werden. Wenn es behauptet, die Dinge seien so, ist diese Behauptung endgültig, und das einzige, was du machen kannst, ist, dieses anzunehmen oder abzulehnen.
Quelle: Suzuki, Leben aus Zen

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