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Widmung

Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.

Ahimsayama

"Ganz wach! Ganz wach!"

Meister Zuigan pflegte jeden Tag sich selbst zu zurufen: "Meister!" und zu antworten: "Ja!" Dann rief er erneut: "Ganz wach! Ganz wach!" Und antwortete: "Ja! Ja!" — "Lass dich nicht von den anderen täuschen, an keinem Tag, zu keiner Zeit!" — "Nein! Nein!"


Meister Eckart war wohl der erste christliche Theologe, der im Menschen ein Individuum sah. Noch dazu eines, das Gott nicht im Außen, sondern in sich selbst suchen sollte.Ähnlich wie im Buddhismus versuchte Meister Eckart einen Zugang zum Denken, Fühlen und Handeln des Menschen aufzuzeigen. Eckart ist da wie eine Brücke. Auch er beobachtete den Geist und machte ihn zum Zugang zu Gott. Ihm ging es um grundsätzliche Fragen des individuellen Lebens: die Kunst des Lebens, die Kraft der Liebe, menschliches Miteinander, die persönlichen Werte, der Sinn des eigenen Lebens, die Gestaltung der Gesellschaft und die Urgründe des menschlichen Lebens. Und auch um die Frage nach Verantwortung und Schuld. Wo kann ich sie nicht vermeiden? Wo hätte ich sie vermeiden müssen? Und er war radikal in seinem Denken: 


"Du sollst Gott lieben, wie er ist: ein Nichtgott, ein Nichtgeist, eine Nichtperson, ein Nichtbild."

"Man solle sogar jedes Bestreben, Gott zu folgen oder seinen Willen zu erfüllen, aufgeben. Kein Wollen, kein Wissen, nur noch pures Sein. Denn Gott selbst sei ein dauerndes Fließen, ein "Werden ohne Werden", nur im konkreten Augenblick könne Gott erfahrbar sein."

Da kommt mir der Gedanke an MU und den Stock, der auf den Boden stampft.

"Denn Gott erfassen, das ist letztlich unmöglich. Das ist eben noch nicht einmal anzustreben."

"Gott und ich, wir sind eins."

"Wer werden will, was er sein sollte, der muss lassen, was er jetzt ist."

Er spricht vom Loslassen und von Geduld, um der zu werden, der man schon immer war. Um den lehmverschmierten goldenen Buddha ans Tageslicht bringen zu können. Er spricht vom Lauschen in den Kern der Existenz und nicht vom Jahrmarkt der Möglichkeiten, die sich am Ende doch nur als reine Illusion erweisen werden. Als Illusionen und Manipulationen. Als ein Verdrängungsversuch von dem was ist, nur dem einen Ziel folgend, die Ängste und Gefühle, Hoffnungen und Wünsche, Ansprüche und Erwartungen beiseite schieben zu können. Er spricht vom Lassen und der Suche nach der inneren Mitte, aus der heraus die Kraft zur Einfachheit entspringt und zur Lust wird.

Puh, ein weiter Weg.


Auf einmal erklingt des Buschsängers helle Stimme oben im Wipfel.
Die Sonne strahlt warm, 
mild weht der Wind, 
am Ufer grünen die Weiden. 
Es ist kein Ort mehr, 
dahin sich der Ochse entziehen könnte. 
So schön das herrliche Haupt
mit den ragenden Hörnern, 
daß es kein Maler erreichte.

Ochsenbilder



Eckart geht noch weiter: Ein wahrhaft geistlich gereifter Mensch ist für ihn ein handelnder Mensch! Die berühmte Evangeliums-Stelle vom Besuch Jesu bei Martha und Maria deutet er in einer seiner Predigten in ganz eigener Weise. Nicht wie allgemein üblich lobt er die Jesus zu Füßen sitzende und einfach nur zuhörende Maria. Nein, er ergreift Partei für ihre Schwester Martha, die währenddessen in der Küche tut und macht, um Jesus angemessen zu bewirten. Die eigentlich Reifere sei Martha! Denn sie sei sozusagen schon ganz im Hier und Jetzt, im Augenblick, im reinen Sein.

Erich Fromm: nicht die Existenzweise des Habens macht Leben aus, auch nicht des Gott-Habens, des Moral-Habens, des die Wahrheit-Habens. Sondern die Existenzweise des vollen Seins: Tätigsein, Lieben, Sich-Verströmen.

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