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Widmung

Dem, was andere schon sagten, kann ich nichts Neues hinzufügen; zudem bin ich kein begabter Poet. Ich gebe nicht vor, anderen von Nutzen zu sein: Um meinen eigenen Geist zu üben, habe ich dieses Werk verfaßt.

Ahimsayama

Glückliche Goldfische

Kürzlich wurde ich gefragt, ob mich meine Goldfische beruhigen. Hmm. Kann ich so nicht sagen. Es ist schon schön anzusehen. In einem gewissen Sinne beruhigen sie mich auch. Es sind ihrer drei. Ich empfinde sie als sehr soziale Tiere. Es gibt wenig Streit, sieht man mal von dem Dominanzverhalten beim Fressen ab. Ansonsten wird viel Körperkontakt gepflegt. Man glaube es oder nicht. Ist einer nicht so gut drauf oder gar apatisch, was kürzlich wieder der Fall war, so wird sich gekümmert. Sie stubsen den kranken Kollegen an und ermuntern ihn sich wieder mehr zu bewegen. Angst kennen sie nur, wenn der Wasserwechsel ansteht. Und auch an diese Prozedur haben sie sich gewöhnt. Denn danach gibt es besonders gutes Futter...
Ansonsten schwimmen sie durch ihr Aquarium und betrachten die Welt außerhalb. Zwangsläufig sehen sie nur eine verzerrte Version der Realität. Aber das gilt eigentlich auch für unsere Außensicht. Wir können genaugenommen nicht behaupten, das unsere unverzerrte Sicht der Wirklichkeit irgendwie "realer" ist als die Beobachtungen der Goldfische. Ein hypothetischer Goldfischphysiker könnte in seinem Glas genauso gültige Naturgesetze über das Verhalten der Objekte außerhalb ableiten wie wir es tun. Seine Version der Gesetze wäre zwar komplizierter als unsere - aber das Weltbild des Goldfisches wäre ebenso real wie unseres.
Was sie allerdings von uns unterscheidet, ist die Tatsache, daß sie nicht wissen, daß es Tümpel, Teiche, Seen und sogar das Meer gibt. Vielleicht ist das der Grund, warum sie auf mich oftmals einen entspannten und glücklichen Eindruck machen. Wüßten sie davon, so wäre das wohl nicht so. Sie würden leiden. Leiden an dem, was sie nicht haben. Leiden, an ihren Wünschen und Vorstellungen von der Welt da draußen. 
Schon oft habe ich mich gefragt, ob es nicht reiner Egoismus ist, sie in einen Behälter zu sperren. Vielleicht. Und doch wäre das für sie unbekannte Leben voller Gefahren...

...und dann stellt sich für mich die Frage, wie wohl mein Goldfischglas so beschaffen ist und die Welt da draußen...

Während die Philosophen noch streiten, ob die Welt überhaupt existiert, geht um uns herum die Natur zu Grunde.


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